Festnahme im Alpen-Mord
Britische und französische Polizisten nehmen den Bruder eines Opfers fest. Ein Erbstreit als Motiv?
Paris. Der Vierfach-Mord nahe dem Alpendörfchen Chevaline gehört zu den rätselhaftesten Fällen der französischen Kriminalgeschichte. Bald zehn Monate später vermeldet die britische Polizei die spektakuläre Festnahme eines Tatverdächtigen: Es handelt sich offenbar um den 54-Jährigen Bruder des erschossenen Saad al-Hilli. Mögliches Tatmotiv des Massakers: ein Streit um das Millionenerbe.
Während sich die Fahnder von Scotland Yard in vornehmer Zurückhaltung üben, geben die französischen Kollegen umso bereitwilliger Auskunft. „Die Festnahme war längst überfällig, sie hätte schon vor einiger Zeit erfolgen sollen“, zitiert die „Daily Mail“ einen Ermittler von der Kripo in Annecy.
Der 54-Jährige stand von Anfang an im Visier der Polizei. Mehrfach wurde er als Zeuge verhört und jedes Mal bestritt er energisch eine Familienfehde, erst recht eine Verwicklung in die Bluttat.
Die Al-Hillis stammen aus dem Irak und leben seit mehr als zwei Jahrzehnten in der Grafschaft Surrey nahe London. Der vor zwei Jahren verstorbene Vater hatte den Brüdern ein Millionenvermögen hinterlassen.
Das schockierende Verbrechen ereignete sich am Nachmittag des 5. September 2012 in einem Waldstück in den französischen Alpen. Ihm fielen Saad al-Hilli (50), seine Frau Ikbal (47) und deren Mutter Suhaila al-Allaf (74) zum Opfer.
Nur die beiden Töchter überlebten dieses Massaker. Zehab (7) erlitt lebensgefährliche Verletzungen durch einen Schuss in die Schulter und brutale Hiebe auf den Kopf. Erst nach zwei Operationen war sie außer Lebensgefahr.
Ihre Erinnerungen an die Tat sind vage, ein „Böser“ habe sie begangen, gab sie später zu Protokoll. Ihrer jüngeren Schwester Zaina (4) wurde nicht ein einziges Haar gekrümmt.
Nach der Festnahme am Montag in London wurde der Mann von britischen und französischen Ermittlern verhört. Im Kommuniqué der britischen Polizei heißt es lediglich, dem Festgenommenen werde vorgeworfen, an einem „Mordkomplott“ beteiligt gewesen zu sein.
Unterdessen wird spekuliert, was die Fahnder auf die Spur des Bruders brachte. Dem Vernehmen nach interessieren sich die Fahnder seit Juni für Telefonate, die der Festgenommene mit Gesprächspartnern in Rumänien geführt hat.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Ermittlungen totgelaufen. Nun schöpft die „Task Force“ neue Hoffnung. Gesucht wird zudem ein Besitzer eines Geländewagens mit britischem Kennzeichen, der in Tatortnähe gesehen wurde.