Filmreife Flucht im Helikopter
verbrecher Drei Häftlinge entkommen aus dem Gefängnis von Brügge – ein gekaperter Hubschrauber holt sie im Innenhof ab.
Brügge. Am Tag danach ist das Entsetzen groß: In bester James-Bond-Manier ist es drei Schwerverbrechern gelungen, in einem Helikopter aus dem Gefängnis in Brügge zu fliehen – wieder einmal. Denn schon vor zwei Jahren hatten ähnlich spektakuläre Fälle in Belgien für Schlagzeilen gesorgt. Einer der Flüchtigen zählt zu den gefährlichsten Kriminellen des Landes – von ihm fehlt bislang jede Spur.
„Es war wie im Film“, erzählt Ludwig Louwagie, der Hubschrauber-Pilot im belgischen Radio nach nur wenigen Stunden Schlaf. Am Donnerstagnachmittag tauchen drei Männer bei ihm auf, um einen Rundflug über Brügge zu buchen – im Sommer nichts Ungewöhnliches, die historische Altstadt zählt zum Weltkulturerbe und zieht jedes Jahr Tausende Touristen an.
Doch als der Hubschrauber sich dem Gefängnis nähert, halten ihm die Männer eine Pistole an den Kopf und zwingen ihn, im Innenhof zu landen. Der Hof von Block 1 ist an diesem Nachmittag voll mit Häftlingen, die ihre Frischluftrunden drehen. Blitzschnell klettern drei von ihnen an Bord. Ein Handlanger bleibt zurück; die Polizei vermutet, dass für ihn kein Platz mehr im Hubschrauber war. In Aalter in der Nähe der Autobahn E 40 befehlen die Gangster dem Piloten zu landen. Sie laufen auf die Fahrbahn, halten ein Auto an und nehmen die Fahrerin als Geisel. Anschließend überfallen sie eine Tankstelle, lassen die verängstigte Frau südöstlich von Gent wieder frei und verschwinden in Richtung Brüssel. Dort verliert sich ihre Spur. Angeblich sollen sie in einem schwarzen Mercedes auf dem Weg zur Küste sein.
Der wohl gefährlichste unter den Ausbrechern ist Ashraf Sekkaki. Laut Staatsanwaltschaft hat der 26-Jährige sein halbes Leben im Gefängnis verbracht. Auf sein Konto gehen 16 schwere Verbrechen, vor allem Raub- und Banküberfälle. Mehrfach kam er deswegen hinter Gitter und schon einmal, 2003, gelang ihm die Flucht – was ihm den Spitznamen „Bullenschreck“ einbrachte. Sekkaki plante einmal mit einem Komplizen, während einer Gerichtsverhandlung eine Handgranate zu zünden und so zu entkommen. Ein Sprecher des Justizministeriums bezeichnet ihn als „richtigen Psychopathen“. 2008 machte er auf sich aufmerksam, als er die Zustände in Brügge mit denen im US-Gefangenenlager Guantánamo verglich.
Politiker in Belgien streiten nun darüber, warum es ausgerechnet in ihrem Land immer wieder zu spektakulären Ausbrüchen kommt. Denn schon vor rund zwei Jahren hatte es ähnliche Vorfälle gegeben – in beiden Fällen flohen die Insassen ebenfalls mit Hubschraubern. Seitdem sollten eigentlich die Innenhöfe mit Netzen gesichert werden.
Auch in Brügge ist bislang nur der Hochsicherheitstrakt geschützt – in ihm hatte auch Sekkaki eingesessen, bis er vor kurzem in die reguläre Abteilung verlegt wurde. „Leider sind die Arbeiten nicht abgeschlossen, weil das Geld fehlt“, räumt Bundesjustizminister Stefaan De Clerck nun kleinmütig ein. Immerhin will er die Sicherheitslücken nun schnell schließen – koste es, was es wolle.