Fotos von Nan Goldin in Berlin

Berlin (dpa) - Gesichter, die die intimsten Gefühle preisgeben: Schonungslos offen hält US-Starfotografin Nan Goldin Liebe und Sex, Angst und Schmerz, Leid und Tod fest. In Berlin zeigt die 57-Jährige jetzt Bilder aus ihrem Leben in der alternativen Szene der Stadt.

Zwei Drittel der rund 80 Werke sind erstmals zu sehen.

Es sind dichte, radikal subjektive Porträts von Freunden, Kollegen, Bekannten, Liebhabern - und sich selbst. „In Berlin habe ich die glücklichsten Jahre meines Lebens verbracht“, sagte die Künstlerin am Freitag bei der Vorstellung der Schau in der Berlinischen Galerie.

Nan Goldin, die als eine der wichtigsten zeitgenössischen Fotografinnen gilt und inzwischen in Paris lebt, kam Anfang der 80er Jahre erstmals in die geteilte Stadt, 1991 erhielt sie ein einjähriges Stipendium des Deutschen Akademischen Austausch Dienstes. „Ich war für ein Jahr eingeladen und blieb vier“, erzählt Goldin. Sie lebte - wie zuvor in Boston und New York - ein wildes Leben mit Künstlern, Aussteigern, Transvestiten und Homosexuellen.

Eines der intensivsten Bilder der Ausstellung zeigt ihre Freundin, die schwedische Schauspielerin Amanda Ooms, nachdenklich mit einer Puderdose vor dem Spiegel, ein anderes nackt und zerbrechlich auf dem Bett. „Es ist, als würden Nans Bilder Deinen Namen rufen“, sagte Ooms dem Stadtmagazin „Tip“. „Sie arrangiert die Situation nicht, sie macht die Situation möglich.“

Zu sehen ist auch das umstrittene Bild „Edda and Klara bellydancing“, auf dem die beiden kleinen Töchter der Berliner Künstlerin Käthe Kruse in der Küche der Wohngemeinschaft einen Tanz vorführen. Das Foto war in Großbritannien wegen angeblicher Kinderpornografie vorübergehend beschlagnahmt worden und hatte eine weltweite Diskussion über die Unterschiede zwischen Kunst und Pornografie ausgelöst.

Goldin, die ihren Durchbruch in den 80er Jahren mit der Diashow „Die Ballade von der sexuellen Abhängigkeit“ feierte, dankte dem Berliner Landesmuseum ausdrücklich, das Foto zu zeigen. „Wenn Menschen glauben, das ist Pornografie, dann sind sie echt krank“, sagte sie.

Eigenen Angaben zufolge arbeitet die Künstlerin inzwischen stärker surrealistisch und weniger persönlich. Den fast melancholisch anmutenden Rückblick auf die wilden Berliner Jahre begründete sie auch mit dem Aidstod vieler ihrer Freunde. „Ich habe fast meine ganze Großfamilie verloren.“