Gabriele Henkel: Die Frau mit dem richtigen Blick
Gabriele Henkel hat sich nie mit der Rolle der reichen Gattin begnügt. Sie ist Künstlerin und Kunstsammlerin. Noch heute besucht sie die Rundgänge der Düsseldorfer Kunstakademie, neugierig beobachtend und auch kaufend.
Düsseldorf. Sie kamen aus verschiedenen Welten und haben sich doch gefunden, ausgerechnet beim rheinischen Karneval: Gabriele Hünermann, die Journalistin bei "Newsweek" in Bonn und jüngstes Mitglied der Bundespressekonferenz, und der Chemiker Konrad Henkel, der Professor an einer amerikanischen Universität werden wollte. Doch als sein älterer Bruder 1961 starb, trat Konrad selbstverständlich an die Spitze des Düsseldorfer Familienkonzerns.
Sie, die Tochter eines Düsseldorfer Chefarztes, hat sich nie mit der Rolle als Gattin begnügt, obwohl sie natürlich davon profitiert hat. Seit 1970 folgte sie "dem Wunsch der Geschäftsleitung Henkel", so formuliert sie gern in schönstem Understatement, die Firmen-Sammlung aufzubauen. Sie wurde ihr Lebenswerk, heute präsentiert sie dazu einen zweiteiligen Bildband im K21, der Sammlung zeitgenössischer Kunst des Landes.
Als ihre Schwester, die Galeristin Hete Hünermann, noch lebte, zog sie mit ihr durch Ateliers und Museen. Zwei stolze Schönheiten: Hete vermittelte, Gabriele half, etwa als der rumänische Künstler Daniel Spoerri 1968 unbedingt ein Restaurant am Düsseldorfer Burgplatz eröffnen wollte, obwohl er keinen Pfennig in der Tasche hatte.
Gabriele Henkels kultiviert elegante Erscheinung ist der Gradmesser für die Wichtigkeit einer Veranstaltung. Dabei kann es allerdings passieren, dass sie vorfährt, in die Runde schaut und wieder verschwindet. "Konrad, wir gehen", war eine früher von Veranstaltern gefürchtete Aufforderung an ihren Mann.
Noch heute besucht sie die Rundgänge der Düsseldorfer Kunstakademie, neugierig beobachtend und auch kaufend. Sie gehört zum Förderkreis der Akademie und verleiht seit 2001 den mit 25.000 Euro dotierten Kythara-Preis an Künstler, die sich um den Kulturtransfer zwischen Deutschland und den romanischen Ländern verdient machen.
Sie selbst besitzt eine ausgeprägte visuelle Wahrnehmung. Das äußert sich in den Ankäufen für die Firmensammlung, aber auch in phantastischen Tischdekorationen und Installationen. "Bilder der Vergänglichkeit" ist ein bezeichnender Titel für die Arbeiten der Künstlerin, die sich über ihr Alter ausschweigt.
Nur sie kann mit ein paar Grabkerzen Gärten ausleuchten oder aus nichtigen Dingen "Fragmente der Sehnsucht" erzeugen. Instinktsicher dirigiert sie Empfänge, entwirft Bühnenbilder, inszeniert Essen mit Hilfe von Farben, Formen und Licht.
Letztlich ist auch die Honorarprofessur für Kommunikationsdesign an der Universität Wuppertal eine Folge dieser gestalterischen Phantasie. Ihr Fach trägt den auf sie zugeschnittenen Titel: Inszenierung von Lebenswelten.
Sie war nie Playgirl im Jetset. Sie umgibt sich lieber mit Künstlern, pflegte regelmäßigen Kontakt zu Joseph Beuys, fehlte früher auf keiner Party von Jörg Immendorff, hat Freunde wie Günther Uecker, Markus Lüpertz, Frank Stella oder Robert Wilson.
Seit dem Tod ihres Mannes 1999 ist es allerdings einsamer um sie geworden - auch in der Öffentlichkeit.