Gefälschte Medikamente überschwemmen den deutschen Markt

Die Wirtschaft warnt vor den Gefahren durch vollkommen unwirksame oder überdosierte Arzneimittel aus dem Internet.

Berlin. Billig, aber unwirksam oder sogar lebensgefährlich: Die deutsche Wirtschaft schlägt Alarm, weil immer mehr gefälschte Medikamente den hiesigen Markt überschwemmen. „Hier geht es längst nicht mehr nur um Viagra und Designer-Drogen. Blutdrucksenker und Krebsmittel werden genauso gefälscht wie nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel“, sagt der Hauptgeschäftsführer des deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben.

Diese Arzneien könnten sich als gefährliche Schnäppchen entpuppen, betont Wansleben. Auch die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) warnte kürzlich vor falschen Medikamenten. Jede zweite im Internet verkaufte Medizin sei kopiert, hieß es.

Angeboten werde alles — von Antibiotika über Doping- bis zum Haarwuchsmittel. Solche Arzneien enthielten aber keinen Wirkstoff oder seien überdosiert, die Gesundheitsgefahr für die Patienten daher mitunter groß.

Verbraucherschützer raten deshalb, nichts auf dubiosen Internetseiten zu bestellen, sondern Medikamente nur in einer Apotheke vor Ort oder einer seriösen Internet-Apotheke zu kaufen. Die Seriosität lasse sich an Impressum, Angebot und Versandbedingungen prüfen. Wer überdies im Netz verschreibungspflichtige Medikamente ohne Rezept anbiete, wolle mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Fälschung loswerden.

Nach Angaben Wanslebens hat die internationale Produktpiraterie immer dramatischere Folgen für die deutschen Unternehmen. Demnach beläuft sich der wirtschaftliche Schaden mittlerweile auf mehr als 50 Milliarden Euro im Jahr. Kopiert wird praktisch alles, von der Designerhandtasche über Sonnenbrillen bis zu verschiedenen Spielsachen. Neben Medikamenten wachse auch der Anteil der elektronischen Haushaltsgeräte. „Aber ganz oben im Ranking stehen immer noch Textilien und Zigaretten“, so Wansleben.

Zwei Drittel aller Fälschungen würden aus China und Hongkong kommen. „Auch die Entwicklung in Indien bereitet uns große Sorge.“ Laut Wansleben wird dort den deutschen Unternehmen der Patentschutz einfach aberkannt. „Die Bundesregierung muss daher das Thema Marken- und Patentschutz bei internationalen Verhandlungen wieder verstärkt auf die Agenda setzen.“

Nach Angaben des Zolls konnte im vergangenen Jahr gefälschte Ware im Wert von 127 Millionen Euro beschlagnahmt werden. Ein Vielfaches mehr habe aber unentdeckt die Grenzen passiert. Rüdiger Stihl, Chef des Aktionskreises gegen Produkt- und Markenpiraterie der Wirtschaft, nimmt auch den Verbraucher in die Pflicht: Bei gefälschten Konsumgütern fehle das Problembewusstsein, „viele sehen im Kauf gefälschter Produkte ein Kavaliersdelikt und kennen die Gefahren nicht“.