Geiselnahme in Thüringer Gefängnis unblutig beendet
Suhl (dpa) - Nach einem zwölfstündigen Nervenkrieg ist eine Geiselnahme im thüringischen Gefängnis Suhl-Goldlauter unblutig zu Ende gegangen. Warum ein 52 Jahre alter Häftling am Karfreitag eine 26 Jahre alte JVA-Beamtin in seine Gewalt brachte und mit einem Messer bedrohte, war noch unklar.
Vier Spezialbeamte der Polizei hätten den Mann am Samstag um 2.20 Uhr überwältigt, sagte der Chef Landespolizeiinspektion Suhl, Wolfgang Nicolai.
Der Geiselnehmer ist ein mehrfach vorbestrafter Gewalttäter, dem laut Polizei schon mehrere Psychiater Frauenfeindlichkeit bescheinigten. Er wurde nun in ein anderes thüringisches Gefängnis verlegt. Die Geisel, eine im Wachdienst tätige JVA-Beamtin, blieb unverletzt - ebenso der Geiselnehmer.
Der 52-Jährige habe schon in der DDR schwere Straftaten begangen, sagte Thüringens Justizminister Holger Poppenhäger (SPD) am Samstag in Suhl. Zuletzt sei er 1994 wegen Totschlags verurteilt worden. 13 Jahre saß er dafür im Gefängnis - bis 2007. In Suhl-Goldlauter habe er in U-Haft gesessen, weil er im Oktober 2012 seine Ehefrau in Erfurt erstochen haben soll.
Innenstaatssekretär Bernhard Rieder sagte: „Die JVA-Beamtin hat diese Stunden mit großer Tapferkeit und großer Nervenstärke durchgestanden.“ Es sei nicht selbstverständlich, dass Menschen in solchen Extremsituationen so besonnen reagierten. Die 26-Jährige sei seit vier Jahren in der JVA tätig gewesen und habe gewusst, dass der 52-Jährige ein gefährlicher Straftäter ist. Zum unblutigen Ende der Geiselnahme sagte der Staatssekretär: „Wir sind alle sehr froh und erleichtert.“
Die 26-Jährige sei gegen 15 Uhr auf dem Weg in ein Dienstzimmer gewesen, als der Häftling sie überwältigte und in das Zimmer drängte, hieß es. Aus der benachbarten Teeküche habe er sich ein Messer besorgt - und die Frau dann mit Handschellen an die Heizung gefesselt. Nach einem stundenlangen Nervenkrieg habe der Geiselnehmer um 2.20 die Tür des Zimmers geöffnet - die Geisel im Würgegriff mit dem Messer bedrohend. In diesem Moment sei er von SEK-Beamten überwältigt und festgenommen worden.
Die Forderungen des Mannes seien „diffus“ gewesen, sagte Nicolai. Zunächst habe er in ein anderes Gefängnis verlegt werden wollen, dann wieder nicht. Eine Zeitlang habe es dann gar keinen Kontakt mehr mit ihm gegeben. 80 Beamte waren im Einsatz; darunter eine Verhandlungsgruppe der Polizei.
Dass die Tat etwas mit dem langen Osterwochenende zu tun habe, sei unwahrscheinlich, sagte der Minister. Mehrere Feiertage hintereinander wie an Weihnachten oder Ostern gelten in Gefängnissen als kritische Tage. Bereits Weihnachten 1993 hatten Strafgefangene der Justizvollzugsanstalt Suhl-Goldlauter wegen zerkochter Klöße rebelliert.
Der Fraktionsvorsitzende der Thüringer Linken, Bodo Ramelow, kritisierte am Samstag die Situation in den Gefängnissen im Land. Die Tat bedrücke und reihe sich in eine ungute Kette von Ereignissen in den Gefängnissen ein, sagte er am Samstag der Nachrichtenagentur dpa. „Die psychische Situation der Häftlinge wird zu gering beachtet. Das muss dringend verbessert werden“, sagte Ramelow.
Die Justizvollzugsanstalt Goldlauter in Suhl ist ein Gefängnis für Männer und verfügt über 332 Haftplätze. 310 davon sind laut Website der JVA für den geschlossenen Vollzug vorgesehen, 22 für den offenen Vollzug. Derzeit sind dort 167 Bedienstete tätig. In Thüringen gibt es sieben Justizvollzugseinrichtungen mit etwa 2000 Haftplätzen.