Bloß nicht erwachsen werden - Frankreichs Videostar Norman Thavaud

Paris (dpa) - Das Zimmer ist eine Mischung aus Flohmarkt, Sperrmüll und Ikea. Regal, Aufkleber, Skateboards. Alles irgendwo zwischen Chaos, cool und bloß nicht erwachsen werden.

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Hierher kommen regelmäßig Millionen Interessierte. Mit Klicks über Twitter, Facebook und YouTube gelangen sie in die Wohnung von Norman Thavaud.

Norman wer?, fragen meist ältere Franzosen noch immer. Entsprechend wird ein Interview mit ihm im französischen Fernsehen angekündigt: „Sie kennen ihn vielleicht nicht, aber Ihre Kinder beten ihn an.“

Der 27 Jahre alte Norman Thavaud mischt als Komiker seit drei Jahren die französische Video-Szene auf. Auf seinen Internetseiten ist der Name „Norman faits des videos“ Programm: Norman dreht Videos. Meist etwa vier Minuten lang (Thavaud: „Ich mache sie so lang, wie ich brauche - oder der Sketch“). Zwischendurch auch nur mal ein gespielter Witz nur von wenigen Sekunden.

Der Aufbau ist eingängig und wechselt kaum. Eine Eingangsthese („Ich hasse Muskeltypen, das hat nichts mit Eifersucht zu tun.“) wird sofort auf dem Off mit „faux“ als falsch markiert. Zwischen Einschüben und gespielten Szenen baut Thavaud das Thema weiter aus.

Vor der von oben auf ihn gerichteten Kamera macht er sich in seinem Zimmer optisch meist kleiner, leicht unterwürfig, nicht wissend. Er wirkt häufig, als sei er gerade aufgestanden, verwirrt vom Leben. Thavaud trägt als Norman T-Shirt, eigentlich immer. Hemdenträger stehen in seinen Videos meist für Alter, Spießer, das andere.

Der Videomacher beteuert regelmäßig, alles sei echt und authentisch: Sein Zimmer in Montreuil östlich von Paris, der Kumpel und Mitbewohner, die nach Serge Gainsbourg benannte Katze Sergi, die im Bonus-Video schon mal als Tam-Tam-Spielerin herhalten muss. Als Beweis kann er auf den achtminutigen Besuch „L'appartement de Norman“ anderer Videoproduzenten verweisen.

Thavaud stammt aus Arras im Norden Frankreichs, studierte Filmwissenschaften, arbeitete als Cutter. Gelegentliche Sketche mit Freunden waren Basis für „Norman fait des videos“. Unter dem Label entstand 2011 das erste Filmchen. Schnelle 300 000 Klicks im Netz waren für ihn ebenso „unglaublich“ wie Ansporn: „Das hat mir Lust gemacht weiterzudrehen.“ Das zweite Video wurde millionenfach angesteuert.

Stellt er ein Video ein, lassen sich im Minutentakt nach oben schnellende Klickzahlen beobachten. Ebenso rasch wie massenhaft wird geteilt und kommentiert. Nach kurzer Zeit durchbrechen die Videos die Millionengrenze. Zu Hits gehört Thavauds Abrechnung mit den in Frankreich sehr beliebten „Elektronischen Zigaretten“ (11,1 Millionen Klicks), die Erläuterung zur Bedeutung vom „Äußeren der Leute“ (12,4 Millionen) oder das mit dem Web Comedy Award ausgezeichnete Stück „Katzenbesitzer“ (12,6 Millionen). Ähnliche Abonnentenzahlen locken Werbeträger - und sichern das Einkommen.

Auf den einschlägigen Plattformen im Internet finden sich auch andere junge Franzosen, Kolleginnen, Vorläufer, Nachahmer. Sie nutzen die Kanäle jenseits des Mediums Fernsehen für den schnellen, direkten Kontakt zu Fans und Followern. Norman Thavaud nennt einen Grund für das große Interesse: „In Frankreich gibt es nicht viele Sendungen, die den Humor der Jugendlichen treffen.“

Dennoch verdammt Thavaud klassisches Fernsehen nicht. „Es gibt Sendungen, die ich sehr mag“, sagte er in einem Interview. Es sei einfach ein ganz anderes Medium. Für ihn aber zählen soziale Netzwerke: „Ich verbinde mich mit allen Leuten über das Internet.“

Als Inspiration nennt der 27-Jährige unter anderem den französischen Komiker Jacques Tati (1908-1982). Selten zieht er über andere her, meist nimmt er sich selbst nicht ernst. Die Probleme etwa mit der „ersten Verabredung“ (7,7 Millionen Klicks) schildert Thavaud auch als Vergleich mit einem Boxkampf. Auf der Toilette des Restaurants wird der Typ - einem Fighter gleich - vom Coach auf den „Gegner da draußen“ vorbereitet. In der nächsten Szene schaut ihn eine junge Frau fassungslos an: „Alles klar, Norman?“ Im Gegenschnitt versucht Thavaud sein Essen zu gabeln - mit Boxhandschuhen.

Im vergangenen Jahr gab es in einer französischen Komödie zu paranormalen Aktivitäten die erste große Filmrolle für den YouTube-Star. Im kommenden Jahr will er auf Tournee gehen - „durch die ganze Galaxie“. Bei Thavaud sind das: Frankreich, Belgien und französische Schweiz.