Neanderthal-Museum Die Playmobil-Welt des ewigen Lächelns

Figuren aus der größten deutschen Sammlung stellen im Neanderthal-Museum die Geschichte der Menschheit nach. Die Ausstellung ist ab Samstag zu sehen.

Foto: Ulrich Bangert

Mettmann. Der Pirat lächelt, der im Eis eingefrorene Neandertaler lächelt — selbst der Sklave lächelt. In Oliver Schaffers Welt zeigen alle Mundwinkel nach oben. Der Hamburger besitzt Deutschlands größte Playmobil-Sammlung mit mehr als 20 000 Figuren. Rund ein Viertel der Plastikmännchen-Armee stellt derzeit im Neanderthal-Museum in Mettmann die Geschichte der Menschheit nach. Schaffer hat mehrere Dioramen mit fast allem ausgestattet, was der deutsche Hersteller Geobra Brandstätter seit 1974 in die Spielzeugläden gebracht hat.

In den ersten Vitrinen bevölkern Dinosaurier den Planeten, ehe Römer in der Arena kämpfen, später die Moderne mit Straßenbahnen und Kaffeehäusern anbricht und im hinteren Bereich der Sonderausstellung die Plastikmännchen die Raumfahrt entdecken. Jedes Szenario strotzt nur so vor Details, die Oliver Schaffer in den vergangenen zwei Wochen in den Miniaturwelten versteckt hat. „Ich gehe an die Vitrine wie ein Maler an die Leinwand“, berichtet der 37-jährige Ausstellungsmacher, der in seinem zweiten Leben Musical-Darsteller ist.

Künstlerische Freiheit gehört dazu. Da dürfen dann auch im Diorama der Ägypter Kleopatra und Tutanchamun Seite an Seite herrschen. „Ich habe meiner Fantasie freien Lauf gelassen“, sagt Schaffer. Ein Besuch der Familien-Ausstellung ist weniger Geschichtsstunde — hier gelten die Regeln des Kinderzimmers.

Genau dort entfachte sich Schaffers Leidenschaft. „Mit drei Jahren wurde ich mit dem Playmobil-Virus infiziert“, berichtet Schaffer. Schon als Kind zeigte er seinen Eltern anderthalbstündige Aufführungen in seinem ganz eigenen „Circus Oliver-Romani“, zusammengestellt aus Playmobil-Spielzeug.

Der Hamburger sammelte und sammelte, bis er als 15-Jähriger seine Figuren eigentlich für immer im Dachboden verstauen wollte. Doch nach zehn Jahren meldete sich die Pressesprecherin von Playmobil bei Schaffer, der dem Unternehmen als Kind ein Foto von seinem Zirkus geschickt hatte. „Plötzlich sagte man mir, dass ich wahrscheinlich über Deutschlands größte Playmobil-Sammlung verfüge“, sagt er. Selbstverständlich machte Schaffer bei der Jubiläums-Ausstellung zu „30 Jahre Playmobil“ mit und stieg so tiefer in die Sammler-Szene ein.

Inzwischen hat Schaffer 23 Ausstellungen mitgestaltet und sogar den Westflügel des Louvre zu seinem Spielzimmer gemacht. Da bereut der verspielte 37-Jährige auch nicht den finanziellen Aufwand, den er im Laufe der Jahre in seine Leidenschaft stecken musste. „Ich denke, ich habe irgendwo zwischen 100 000 und 150 000 Euro ausgegeben“, schätzt er.

Rare Figuren sind bei den berühmten Persönlichkeiten zu finden. „Marco Polo“ ist etwa nur für den Sammler-Club produziert worden und daher heute rund 100 Euro wert. Für nur ein paar Münzen kommt Luther ins Spielzimmer. „Bis heute Playmobils meistverkaufte Figur“, weiß Oliver Schaffer (siehe Kasten).

Nicht umsonst heißt die Ausstellung „Spielgeschichte(n)“. Die von der Arche Nebra und dem Neanderthal-Museum konzipierte Schau zeichnet auch die Geschichte des Systemspielzeugs selbst nach. 1971 war Playmobil noch reine Jungensache, das zeigen die ersten drei Figuren: Ritter, Bauarbeiter und Indianer. Erst 1976 gab es weibliche Figuren, die zunächst nicht mehr als Hofdamen oder Putzfrauen sein durften. „Playmobil ist ein konservatives Spielzeug“, erklärt Schaffer. „Man hat immer erst abgewartet, bis gesellschaftliche Entwicklungen fürs Kinderzimmer salonfähig wurden.“ Erst 1987 bekamen Playmobil-Frauen einen Busen, 2009 durften sie einen Bikini tragen und schwanger wurden die 7,5 Zentimeter-Damen erstmals 2012.

Damit hängt der Hersteller der Kinderfantasie hinterher. Denn was die Figürchen erleben, bestimmt am Ende immer noch das junge Publikum. Da liegt es nahe, dass es neben der Ausstellung auch einen Playmobil-Spielbereich gibt. „Leider“, sagt Oliver Schaffer mit einem Augenzwinkern. Er weiß, wie das Zeitmanagement der Kinder aussieht: „Zehn Minuten Ausstellung gucken, eine Stunde spielen.“ Playmobil-Abenteuer lassen sich eben nur schwer in Vitrinen einsperren.