Engelbert will mit Romantik siegen

London (dpa) - Engelbert Humperdinck (76) ist der älteste Finalteilnehmer in der Geschichte des Eurovision Song Contests. Wer allerdings glaubt, Großbritannien schicke „The Hump“ als Lachnummer nach Baku, irrt gewaltig.

Der relaxte Schnulzen-Veteran liebäugelt beim Interview im Ohrensessel eines Londoner Nobel-Hotels sogar mit dem großen Sieg. James-Blunt-Komponist Sacha Skarbek hat dem „King of Romance“ eine Liebesballade auf den Leib geschneidert - Engelberts Stimme ist noch imposant, das sollten auch Spötter zugeben. Sein auftoupiertes, immer noch braunes Haar sitzt wie in den 70ern. Die Koteletten auch. Die habe ihm Elvis übrigens nachgemacht, erzählt der „Please Release Me“-Sänger der Nachrichtenagentur dpa.

Sie haben eine deutsche Mutter und traditionell viele Fans bei uns. Haben Sie die zwölf Punkte aus Deutschland schon in der Tasche?

Engelbert: „Ich hoffe doch! Ich habe in Deutschland so oft gespielt, und ich wünsche mir, dass all diese Menschen, die mich in all den Jahren gesehen haben, für mich abstimmen. Liebe Deutsche, erinnert euch an meine Vergangenheit, erinnert euch an die großen Songs, die ich aufgenommen habe. Und nehmt mein neues Lied auf in eure Sammlung!“

Sie, der „King of Romance“, singen natürlich eine Schnulze! „Love Will Set You Free“ stammt von Komponist Sacha Skarbek, der schon mit James Blunt sehr erfolgreich war - und ist gar nicht so schlecht!

Engelbert: „Es ist ein Wiener Walzer. Vor allem aber: Dieser Song hat einfach eine gute Botschaft und eine gute Melodie. Die Menschen können zu ihm tanzen, sich zu ihm in einander verlieben oder zu ihm Kinder zeugen. Der romantische Weg ist mein Erfolgsweg - glaubt mir!“

Sie sind in Baku der Künstler mit der Startnummer 1 - ein gutes Omen? Nachdem die britische Boyband Blue im vergangenen Jahr enttäuschte und nur Platz elf belegte - holen Sie womöglich diesmal den Sieg?

Engelbert: „Ich denke, dass ich ganz gute Chancen habe. Die meisten Teilnehmer sind nationale Größen - wie viele Künstler von Weltrang gibt es bei diesem Song Contest außer mir?“

Nun haben Sie schon so eine legendär lange Karriere hinter sich - wieso kamen Sie jetzt auf einmal auf die Idee, daran teilzunehmen?

Engelbert: „Ich wurde von der BBC gefragt. Und wenn die BBC dich bittet, dein Land zu repräsentieren, sagst du nicht Nein.“

Obwohl Großbritannien so eine Popnation ist, gewannen letztmals 1997 Katrina And The Waves („Love Shine a Light“) für das Königreich. Haben Sie sich bisher für den Eurovision Song Contest interessiert?

Engelbert: „Ich habe es nicht jährlich verfolgt, ich habe hier und da mal Ausschnitte gesehen. Aber dieses Mal scheinen die Menschen in Großbritannien stärker an dem Song Contest interessiert als je zuvor. Ich weiß nicht, ob es an mir liegt. Ich hoffe mal, ja! Egal, wo ich hingehe: Die Leute schütteln mir die Hände und sagen: "Viel Glück, bring' die Trophäe mit nach Hause!" Ich komme mir vor wie ein Athlet. Nach dem Thronjubiläum der Queen und den Olympischen Spielen ist das das dritte große Event des Jahres. Und es ist gewaltig: 125 Millionen Menschen schauen zu! Ich freu' mich darauf, für sie zu spielen.“

Machen Sie sich Gedanken um die politische Lage in Aserbaidschan?

Engelbert: „Ich habe mit Politik nichts zu tun. Ich bin Entertainer und Sänger. Mein Job ist, die Menschen zu unterhalten. Ich mische mich nicht in Politik ein. Ich gehe an Orte, über die mir die Leute erzählen "da ist das und das" - aber ich kümmere mich nicht darum. Ich biete mein Entertainment und hoffe, dass es den Menschen gefällt.“

Sie sind gerade 76 Jahre alt geworden und damit in der Geschichte des Eurovision Song Contests der älteste Finalteilnehmer. Unser Roman Lob ist mehr als 54 Jahre jünger als Sie. Ist das ein komisches Gefühl?

Engelbert: „Ich glaube nicht, dass Alter irgendetwas mit diesem Wettbewerb zu tun hat. Es ist ein Song Contest und mein Stimmumfang ist sehr groß. Ich will das Publikum mit meiner Performance einfangen. Außerdem zählt auch Erfahrung: Ich bin seit 45 Jahren dabei, hatte viele Chart-Hits und habe 150 Millionen Alben weltweit verkauft. Diese jungen Leute haben Glück, weil sie das Fernsehen haben und großartige Medien, mit denen es leicht ist, sich zu promoten. Ich musste mich noch in kleinen Clubs hocharbeiten und selbst im Radio vermarkten. Heute wird alles von Computern gemacht.“

Sie gelten nach wie vor als Frauenschwarm. Wie viele BHs und Schlüpfer sind Ihnen in Ihrer Karriere auf die Bühne geflogen?

Engelbert: „Tausende. Früher habe ich sie gesammelt - körbeweise! Nun nicht mehr. Ich habe sie an Hard Rock Cafés gegeben als Souvenirs von Engelbert.“

Hand aufs Herz, hat sich Elvis tatsächlich seine Koteletten bei Ihnen abgeguckt?

Engelbert: „Ja, ich war der Erste. Ich trug schon 1965 Koteletten, Elvis 1972. Ich war ein großer Fan von Elvis und ein guter Freund von ihm. Ich habe noch eine Goldkette, die er mir mal geschenkt hat.“

Interview: Inga Radel, dpa