Erstes ESC-Halbfinale: Die Kandidaten und ihre Chancen
Berlin (dpa) - Von Punk bis Polit-Ballade: 16 Länder kämpfen in Wien beim ersten Halbfinale am Dienstag (19. März) ab 21 Uhr um den Einzug in den Hauptwettbewerb des Eurovision Song Contest (ESC).
Die Startreihenfolge:
1. MOLDAU Eduard Romanyuta: „I Want Your Love“ - Romanyuta wäre gern für sein Heimatland Ukraine angetreten. Doch drei Mal überstand er nicht den Vorentscheid. Beim ESC 2015 ist die Ukraine nicht dabei, aber Moldau lässt Romanyuta starten. Erfolge dürfte er auch dieses Mal nicht feiern. Das ist monotoner Synthiepop mit wenig Siegchancen.
2. ARMENIEN Genealogy: „Face The Shadow“ - Das Musikprojekt Genealogy erinnert mit seinem Lied an die Massaker an den Armeniern 1915. Die Zusammensetzung der Band spiegelt die Diaspora des verstreuten Volkes. Neben einer Sängerin aus Armenien sind armenischstämmige Musiker aus Frankreich, Japan, den USA, Australien und Äthiopien vertreten. Starke Botschaft, fade Musik. Aber Skandalpotenzial.
3. BELGIEN Loïc Nottet: „Rhythm Inside“. Unser Nachbarland schickt einen Gewinner der Casting-Show „The Voice“ nach Wien. Die Stimme von Loïc Nottet könnte einer Frau gehören, zudem singt er ein Englisch mit eigenartigem wallonischen Akzent. Dennoch: Interessanter Sound, der zwischen 60er-Jahre-Jazz und 80er-Jahre-New-Wave irrlichtert.
4. NIEDERLANDE Trijntje Oosterhuis: „Walk Along“. Das nennt man wohl ein Liedchen. Der eingängige Popsong „Walk Along“, von Trijntje Oosterhuis angenehm soulig geträllert, plätschert freundlich vor sich hin. Er hat das Potenzial zum kleinen Sommerhit. Und zum Mittelfeld.
5. FINNLAND Pertti Kurikan Nimipäivät „Aina mun pitää“. Dieser Act ist einer der ESC-Aufreger. Vier Musiker mit geistigen Behinderungen und einem unaussprechlichen Bandnamen reisen mit Punk im Stil der Sex Pistols nach Wien. Angenehme Abwechslung im Schwermut-Eintopf.
6. GRIECHENLAND Maria Elena Kiriakou „One Last Breath“. Mit wallendem blonden Haar leiert Maria Elena Kiriakou eine Ballade nach Art von Celine Dion. Dazu haben die Produzenten ein paar Takte ähnlich einem Bond-Song eingemixt. Griechenland hat noch einen Krisenherd mehr.
7. ESTLAND Elina Born & Stig Rästa „Goodbye To Yesterday“. Es gibt sie noch, die guten ESC-Lieder. Die Esten singen ein Popduett mit melancholischem Nick-Cave-Sound und viel Tempo. Erinnert etwas an den holländischen Top-Act Common Linnets vom Vorjahr. Vielversprechend.
8. MAZEDONIEN Daniel Kajmakoski „Autumn Leaves“. Der Mann kommt aus Mazedonien? Das ist doch Singer-Songwriter-Musik, wie sie deutsche Kunststudenten machen. Dann kommen doch noch wuchtige Synthesizer. Kein Wunder - der Komponist hat für die No Angels und Tokio Hotel gearbeitet. Kajmakoski dürfte damit wohl im Mittelfeld landen.
9. SERBIEN Bojana Stamenov „Beauty Never Lies“. Serbien, das zuletzt aus Spargründen ausgesetzt hatte, ist wieder beim ESC dabei und lässt seine Kandidatin erstmals auf Englisch singen. Bojana Stamenov hat eine Hammerstimme. Schade nur dass ihre Hymne „Beauty Never Lies“ zwar gefühlvoll anfängt, aber dann in wummerndem Eurotrash untergeht.
10. UNGARN Boggie „Wars For Nothing“. Neben dem Beitrag aus Armenien ist dies der zweite politisch angehauchte Act. Die Ungarin Boggie, deren Gesichtszüge stark an die britische Herzogin Kate erinnern, zählt zu den heißen Tipps für einen ESC-Sieg. Sie bringt eine sanfte gehauchte Ballade mit, in der sie für den Weltfrieden singt.
11. WEISSRUSSLAND Usari & Maimuna „Time“. Die Weißrussen dürften sich diesmal an die Spitze setzen, allerdings leider nur an die Spitze der Verlierer. Usaris Song „Time“ ist zwar eingängig, aber nichtssagend und monoton. Das kann auch Geigerin Maimuna nicht retten. Immerhin: Usari hat ESC-Bühnenerfahrung - er war 2011 einmal Background-Sänger.
12. RUSSLAND Polina Gagarina „A Million Voices“. „Wenn du unsere Stimmen rufen hörst, wirst du nicht mehr einsam sein.“ Wenn so ein Satz 2015 aus Russland kommt, könnte sich so mancher Nachbar bedroht fühlen, frotzelten ESC-Experten jüngst. Polina Gagarina singt über Liebe und Harmonie. Und der Song ist klasse. Sie könnte gewinnen. Doch machte die Weltpolitik es schon beim ESC 2014 den Russen schwer.
13. DÄNEMARK Anti Social Media „The Way You Are“. Wer hat denn da Rick Astley aus der Charthölle herausgeholt?, möchte man meinen. Die vier Rockmusiker Philip Thornhill, Nikolaj Tøth, David Vang und Emil Vissing machen geradlinige Gute-Laune-Musik und sind der Traum jeder Schwiegermutter. Sie werden sich bestimmt weit oben platzieren.
14. ALBANIEN Elhaida Dani „I'm Alive“. In den 90ern gab es viele solcher Lieder: Zart schmelzende Soulstimme, Akustikgitarre und - rummswumms - eine Synthiekulisse mit flehendem Refrain. Das Revival der 90er könnte Elhaida Dani helfen, auch nach weit oben. Bei der Musikshow „The Voice of Italy“ hat die Albanerin schon gewonnen.
15. RUMÄNIEN Voltaj „De la capăt“. Die Rock-Routiniers erzählen vom Schicksal der Kinder, die in Rumänien zurückbleiben, während ihre Väter und Mütter in anderen Ländern arbeiten müssen. Solide Ballade mit viel Pathos, die sich wie ein Mix diverser ESC-Gewinner anhört.
16. GEORGIEN Nina Sublatti „Warrior“. Was für eine kraftvolle Stimme, aber für den Grand Prix fast schon etwas zu düster. Jedoch waren solche Eurodance-Stücke beim ESC zuletzt bei Osteuropäern sehr beliebt. Nina Sublatti dürfte also das Mittelfeld stürmen.