Friedrichs-Preis für Fernsehjournalismus verliehen
Hamburg (dpa) - Die Moskauer ARD-Korrespondentin Golineh Atai und der Hamburger Fernsehautor Stephan Lamby sind mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis für Fernsehjournalismus ausgezeichnet worden.
Auch wenn Atai sich nicht als „Frontberichterstatterin“ sehe, sei ihr diese Aufgabe nicht erspart geblieben, würdigte der frühere WDR-Intendant Fritz Pleitgen die Leistung der Korrespondentin am Mittwochabend in Hamburg. Atai berichtete in diesem Jahr vom Umsturz in der Ukraine und dem Konflikt des Landes mit Russland. Lamby erhielt die Auszeichnung für die „Königsdisziplin Politische Dokumentation“, die aber bei den Sendern nicht so behandelt werde, kritisierte Pleitgen.
Zum 20. Mal seit 1995 wurde der mit insgesamt 5000 Euro dotierte Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis verliehen. Er erinnert an den ersten Moderator der damals neu konzipierten Nachrichtensendung „Tagesthemen“, Hanns Joachim Friedrichs (1927-1995). Der Preis wird an Medienschaffende vergeben, die durch ihre Arbeit gezeigt haben, dass sie „kreative, kritische und parteiunabhängige Journalisten“ sind.
Die gebürtige Iranerin Golineh Atai ist seit 2013 für die ARD in Moskau. „Das ist kein leichtes Jahr für mich gewesen. Wir wurden durch die Geschichte geschleudert. Vieles Eindeutige hat sich mehrdeutig präsentiert“, bilanzierte sie ihre Erfahrungen aus der Ukraine und Russland. Atai überzeugte die Jury „mit ihren ruhigen, abwägenden und keiner vordergründigen Zuspitzung verfallenden Reportagen und Interviews aus der arabischen Welt und aus dem Krisenstaat Ukraine“.
Auch die Dokumentationen Lambys widmen sich häufig dem Politikbetrieb. Unter anderem drehte er den Film „Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort - Lüge und Wahrheit in der Politik“ (2013). Lamby habe sich seit Jahren - gegen alle Trends - der Konzeption und Herstellung von Fernsehfilmen höchster Qualität verschrieben, lobte die Jury. Er versuche als Interviewer von Politikern, Gedanken zu erarbeiten, erläuterte Lamby. „Es geht darum, Menschen zu öffnen“, ergänzte der selbstständige Produzent. „Dieser Preis macht Mut.“
Vor der Preisverleihung debattierte eine Runde aus Chefredakteuren und Auslandskorrespondenten mit einem Historiker und einem Programmbeirat über die Berichterstattung des Ukraine-Konflikts in deutschen Medien. „Auslandsberichterstattung darf nicht Themen-Konjunktur haben“, sagte WDR-Chefredakteurin Sonia Seymour Mikich. Sie dürfe nicht auf Kriege, Krisen, Katastrophen reduziert werden. Gebraucht werde vielmehr eine „den großen Bogen erzählende Berichterstattung“, damit Zuschauer oder Leser von den Ereignissen nicht überrascht würden. „Das sage ich auch selbstkritisch.“
Der Chefredakteur des ZDF, Peter Frey, hob die Leistung der Auslandskorrespondenten hervor, die mit Gefahr für ihr eigenes Leben arbeiten. Weniger als Angst setzte der ARD-Korrespondentin nach eigenem Bekunden in diesem Jahr Internetkritik zu ihren Ukraine-Berichten zu - „vulgäre, obszöne Zuschriften bis hin zu Morddrohungen“. „Ich muss schlucken, wenn ich darüber rede“, sagte sie. Ihr Rezept sei aber, eine innerliche Distanz zu dieser Kritik zu schaffen.