Deutsche ESC-Hoffnung Levina: Eine „Extraportion Gefühle“ fürs obere Drittel

Berlin (dpa) - Deutschlands Hoffnung für den ESC in Kiew, die 26-jährige Levina, setzt auf „Perfect Life“.

Die Sängerin Levina vertritt Deutschland beim Eurovision Song Contest (ESC).

Foto: Julian Stratenschulte

Dass ihr Leben musikalisch nicht immer perfekt verlaufen ist, dass sie gerade deswegen positive Energie schöpft, dass sie bei der Platzierung das obere Drittel anpeilt und warum eine Ingwerknolle dafür so wichtig ist, verrät sie im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur.

Frage: Wie haben Sie die Zeit zwischen dem Vorentscheid und jetzt, da es in die heiße Phase geht, genutzt?

Antwort: Für mich war die Zeit so gar nicht ruhig. Wir haben sofort angefangen, das Album aufzunehmen. Dann waren wir auf Europa-Tour, auch in Ländern, in denen ich vorher nicht war: Georgien, Armenien, Mazedonien, Albanien und Ungarn. Wir waren auf einigen ESC-Events und Pre-Partys, auf denen auch schon andere Teilnehmer dabei waren - in Israel, in London -, im Grunde die ganze Zeit unterwegs.

Frage: Ist das eine bewusste Taktik: Wir müssen die Bekanntheit steigern, denn wir haben ja etwas gutzumachen im Vergleich zu den beiden letzten ESC-Auftritten?

Antwort: Es geht ja um Eurovision, um Europa - ich reise gern. Und so war es ja auch eine gute Möglichkeit, Kontakt aufzubauen und auch schon mal die Kandidaten aus den anderen Ländern kennenzulernen. Wir wurden gut aufgenommen und die anderen haben sich sehr gefreut, die Kandidatin aus Deutschland zu sehen.

Frage: Wie geht man denn nun mit diesem Gefühlsgemisch um, die zweifache Schmach in der jüngsten Vergangenheit zum einen und die große Vorfreude zum anderen?

Antwort: Für mich ist das gar nicht so ein Gefühlsmischmasch, ich freue mich einfach drauf. Es ist natürlich total schade, wie es in den vergangenen Jahren gelaufen ist, aber es ist jetzt nicht so, dass ich deswegen wesentlich mehr Druck verspüre. Für mich geht es darum, eine gute Platzierung zu bekommen, deswegen lasse ich mich nicht verrückt machen, weil es vorher nicht so gut lief.

Frage: Denken Sie darüber nach, was zuletzt schief gelaufen ist, um daraus wichtige Erkenntnisse zu ziehen?

Antwort: Genau weiß ich das nicht. Ich fand beide Male die Performance gut. Ich hätte keinem von beiden den letzten Platz gegeben. Was ich dazu beitragen kann, ist, mit meinem Song etwas sehr Positives und Motivierendes auszustrahlen. Und vielleicht liegt in meiner Stimme etwas anderes, was die Leute noch nicht so gehört haben. Aber sich zu viel den Kopf darüber zu zerbrechen, lenkt einen nur ab.

Frage: Ist es so zu verstehen, dass von den anderen zu wenig Positives, zu wenig Lebensfreude rüberkam?

Antwort: Ich kenne zwar die beiden Songs und habe die Performance natürlich gesehen, aber ich habe mich mit den Songs nicht so intensiv auseinandergesetzt wie mit meinem. Die Leute sollen Freude an meinem Auftritt haben, und ich will sie zum Lachen bringen.

Frage: Wie wird der Bühnenauftritt aussehen - wie ist der Plan?

Antwort: So genau kann ich es noch nicht sagen, aber es wird schon etwas Spezielles sein, was hoffentlich heraussticht aus all den anderen und was den Leuten im Gedächtnis bleibt. Es geht um die Stimme, der Auftritt sonst wird schlicht gehalten werden.

Frage: Warum haben Sie mit der Ankündigung, das obere Drittel zu erreichen, das Ziel so hochgesteckt?

Antwort: Ich mache mir deswegen jetzt keinen Druck. Klar kann es so kommen, dass ich woanders lande. Es wäre schade, aber ich werde nicht enttäuscht sein, denn es wäre kein Weltuntergang für mich. Aber das Wichtigste ist, dass ich sagen kann, ich bin mit meiner Performance zufrieden, und ich habe mein Bestes gegeben.

Frage: Sie haben Erfahrungen in Bar-Atmosphäre und vor kleinerer Kulisse - aber noch nicht vor einem Millionen-Publikum. Was muss man da anderes machen?

Antwort: In einer Bar kann man jedem in die Augen gucken und einzeln ansprechen. Dadurch hat man eine engere Bindung zum Publikum. Bei großen Auftritten ist es schwieriger, die Menschen direkt zu erreichen. Da muss man eine Extraportion Gefühle reinpacken, damit diese auch in den hinteren Reihen ankommen.

Frage: Im Pressetext des Albums stand, dass der Song „Perfect Life“ auch Ihnen über schwere Zeiten hinweggeholfen habe. Es stand aber nicht genau darin, um was es sich handelte...

Antwort: Die Aussage von „Perfect Life“ ist, dass man auch aus Niederlagen etwas Positives mitnehmen muss und dass aus den Fehlern etwas Neues entsteht. Bei mir war das musikalisch so: Ich hatte in London lange Zeit eine Band, es sah vielversprechend aus, dann ging es in die Brüche. Und wenn man da viel Energie, Zeit und Herz hineingesteckt hat, ist das wie eine Niederlage - so habe ich es empfunden. Dann muss man sich selber motivieren und weitermachen.

Frage: Gibt es den Plan B außer Musik?

Antwort: Es ist ein Risiko, das ist klar. Aber ich habe ja noch etwas anderes als Musik. Ich habe mein Geografiestudium in London gemacht. Aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich das beruflich machen sollte. Ich wollte mir auch nicht die Gedanken um Plan B machen, weil man dafür viel Zeit und Gedanken verschwendet, die man sonst in Plan A investiert hätte. Ja, es ist ein Risiko - aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ich irgendwann nicht Musik mache.

Frage: Haben Sie noch ein paar private Gegenstände im Gepäck?

Antwort: Nicht so viel, man kommt ja zu nichts. Kleidung natürlich. Und eine Ingwerknolle - den Ingwer tut man in den Tee, und das ist immer gut für die Stimme!

ZUR PERSON: Isabella Levina Lueen (25) wurde in Bonn geboren und studierte in London. Auf ihrem rechten Unterarm hat sie „Plan A“ tätowiert - das ist die Musik. Der deutsche ESC-Vorentscheid war ihre erste Teilnahme an einer Casting-Show - die sie souverän gewann. Das Lied, das sie singen wird, wurde ihr vom Publikum zugeteilt. Er heißt „Perfect Life“ und stammt von Songwriterin Lindy Robbins (Backstreet Boys/„Incomplete“, David Guetta/„Dangerous“).