Micky, Goofy & Co mischen den TV-Markt auf

Hamburg (dpa) - Wenn Micky Maus diesmal mit „Steamboat Willie“ ablegt, wird das mehr als 80 Jahre nach der Premiere des Disney-Cartoons zu einer Art Jungfernfahrt.

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Am Freitagmorgen (17. Januar) sechs Uhr nimmt der neue Disney Channel Deutschland mit dem Zeichentrickklassiker Kurs auf Marktanteile im Kinderfernsehen. Der frühere Pay-TV-Sender will nun frei empfangbar den Kinder-TV-Markt aufmischen. Eine riesige Werbekampagne fährt der Unterhaltungskonzern Disney zum Start - die Konkurrenz ist gewappnet.

„Große Gefühle, einzigartige Geschichten, fantasievolle Welten und viel Humor“ kündigen die Senderverantwortlichen an. Nicht nur Kinder haben sie im Blick, abends sind es Erwachsene. Vor allem die Frauen im TV-Publikum sollen unter der Woche mit Serien wie „Switched at Birth“, „New in Paradise“ und „Baby Daddy“ gewonnen werden. Für Familienunterhaltung“ seien Freitag- und Samstagabende reserviert: Der Klassiker „Aristocats“ steht am ersten Abend (17.1./20.15 Uhr) an, gefolgt von „Ratatouille“ am Samstag (18.1./20.15 Uhr).

Tagsüber ist die Zielgruppe 3 bis 13 Jahre alt. Das Angebot reicht von „Dino-Zug“ und „Jake und die Nimmerland Piraten“ bis zu „Meine Schwester Charlie“, „Jessie“, „Hannah Montana“ oder „Die Zauberer vom Waverly Place“. Mit „Violetta“ soll die „erste Telenovela für Tweens“ (Kinder von 10 bis 13, abgeleitet vom englischen Wort für „dazwischen“, „between“) folgen, die unter anderem im spanischen Disney Channel läuft. Eigenproduktionen wie „Binny und der Geist“ mit Dieter Hallervordens Sohn Johannes und familientaugliche Reality („100 Days Of Being Nice“, „Vollpension beim Fremden“) sind ebenso geplant.

Vor allem beim privaten Sender Super RTL hat man sich mit Veränderungen im Programm auf die neue Situation vorbereiten müssen: Mit dem nun eigenen Standbein im Kinder-TV hatte der Disney-Konzern, der für seinen neuen Kanal die „Schatztruhen“ mit vielen Klassikern weit geöffnet habe, den Konkurrenten zur Disney-freien Zone erklärt. Super RTL ist zu jeweils 50 Prozent in Besitz von Disney und der Mediengruppe RTL Deutschland, bereits zum Jahreswechsel hat Gesellschafter Disney seine Zulieferung eingestellt.

„Wir haben 18 Monate Zeit gehabt, um uns auf diese Situation einzustellen, und diese Phase haben wir genutzt“, hatte Super-RTL- Geschäftsführer Claude Schmit erklärt. Langfristige Abkommen mit den Hollywood-Studios Warner Bros. und Dreamworks gehören dazu. 2013 führte Super RTL im Segment der Kinder zwischen 3 und 13 Jahren laut GfK-Fernsehforschung mit 23,3 Prozent vor dem KiKa (20,1) und Nickelodeon (11,6).

Beim KiKa gibt man sich gelassen. „Wir sind gut darauf vorbereitet, einen weiteren privaten Mitbewerber auszuhalten“, meinte Programmgeschäftsführer Michael Stumpf. Schließlich mache der Kinderkanal von ARD und ZDF in weiten Teilen ein anderes Programm. „Wir setzen voll auf Qualitäts-Kinderfernsehen basierend auf unseren Markenkernen: Auf Werbefreiheit, auf Werte- und Dialogorientierung sowie Wissensvermittlung“, meinte Stumpf. Um Zahlen sei ihm nicht bange. „Sicher werden wir die eine oder andere Bewegung spüren, allerdings dürfte es für die privaten Mitbewerber weit schmerzlichere Wanderungstendenzen geben: Sie werden sich gegenseitig die süßen Stücke vom Quoten- und Werbekuchen streitig machen.“

Auch kleinere Konkurrenten wie RiC zeigen sich selbstbewusst. „Dass mit Disney ein Mediengigant ins deutsche Kinder-TV einsteigt, belegt zuallererst das Potenzial des Marktes“, sagte Stefan Piëch, Chef der Your Family Entertainment AG. Neue Formate seien bei RiC geplant, und Marketingaktionen sollen für die Besonderheiten werben: die Gute-Nacht-Geschichte mit Schwarzbild und der rote Vorhang, der das TV-Bild umgibt, um den „1. Reihe-Kino-Effekt“ abzufedern.

Das Konzept des Disney Channel Deutschland sei „maßgeschneidert“ und in dieser Form einzigartig unter den Disney Channels weltweit, hatte Geschäftsführer Lars Wagner betont. 93 Prozent soll die technische Reichweite des Senders, der die Frequenzen des Senders Das Vierte übernommen hat, zum Start betragen. Experten rechnen im ersten Halbjahr mit Marktanteilen zwischen 4 und 7 Prozent. Bei Disney betont man, einen langen Atem zu haben. Zwei Ziele für die ersten 100 Tage: Bis Ostern sollen 3 von 4 Kindern und ein Viertel der Frauen (14 bis 49 Jahre) den Disney Channel gefunden haben.