Urteil: Rauch ins Gesicht zu blasen ist Körperverletzung
Erfurt (dpa) - Wer jemandem absichtlich Zigarettenrauch ins Gesicht bläst, begeht nach einem Urteil des Amtsgerichts Erfurt Körperverletzung. Es sprach eine 25-Jährige frei, die im vergangenen Juni einem Raucher ein Glas an den Kopf geworfen hatte.
Die Studentin hatte den 30 Jahre alten Mann mehrfach auf das Rauchverbot in einer Erfurter Diskothek hingewiesen. Als sie kurz darauf auf die Tanzfläche ging, habe sich der Mann erneut eine Zigarette angesteckt, sei aggressiv auf sie zugekommen, habe ihr den Rauch direkt ins Gesicht geblasen und provozierend gefragt, was sie denn nun machen wolle. Ihren anschließenden Glaswurf wertete das Gericht als gerechtfertigte Notwehr gegen eine Körperverletzung.
Wegen der Verletzung - eine Beule am Kopf - zeigte der 30-Jährige die Studentin an und machte gefährliche Körperverletzung geltend. Vor Gericht bestätigte er zunächst die Angaben der Frau. Er habe gewusst, dass Rauchverbot herrschte. Ihre Reaktion sei dennoch völlig überzogen gewesen.
Der Staatsanwalt beantragte einen Freispruch, weil das Anblasen mit dem Rauch eine herabwürdigende Handlung und Beleidigung sei, die Notwehr rechtfertigte. Der Strafrichter ging noch weiter und wertete das Verhalten des Rauchers als Körperverletzung. Der 30-Jährige sei nah an die Frau herangetreten und habe ihr den Rauch „vermischt mit Speichelpartikeln“ direkt ins Gesicht geblasen. Die Schleimhäute der Studentin seien dadurch gereizt worden.
Im Gegensatz zu einem Urteil aus dem Jahr 1977 seien die Gesundheitsgefahren durch passives Rauchen inzwischen erwiesen. Zigarettenrauch erhalte krebserregende Stoffe, sowie Viren und Bakterien. Gegen das aggressive Anblasen habe sich die Frau zur Wehr setzen dürfen - alle Voraussetzungen der Notwehr seien erfüllt. Die Studentin hatte den Mann nicht angezeigt, obwohl er sie nach dem Glaswurf noch gewürgt hatte.