Gewitter-Serie über Deutschland: Eine Tote, 100 Verletzte
Berlin (dpa) - Eine Serie schwerer Sommergewitter hat am Wochenende vor allem nachts über Deutschland gewütet und mit Sturmböen, Starkregen und Hagel Millionenschäden verursacht. Eine Frau starb und rund 100 Menschen wurden verletzt.
Allein auf einem Musikfestival in Sachsen wurden bei einem Blitzeinschlag 51 Menschen verletzt. Einige von ihnen wurden von dem starken Stromschlag durch die Luft geschleudert, wie eine Notärztin berichtete. Vielerorts waren Straßen und Keller überflutet, Bäume entwurzelt, Häuser entzündet. Der Bahnverkehr kam streckenweise zum Erliegen. Im Süden und Osten sollte es gewittrig bleiben.
Von den Verletzten des Heavy-Metal-Festivals im nordsächsischen Roitzschjora wiesen die meisten sogenannte Stromeintrittsmarken auf, kleine Wunden und Prellungen. „Einen Verletzten mussten wir wiederbeleben, zwei weitere kamen nach einer Ohnmacht von selbst wieder zu sich“, berichtete die leitende Notärztin, Ellen Mack, der Nachrichtenagentur dpa. Drei Verletzte lagen am Sonntag noch auf der Intensivstation. Lebensgefahr bestehe aber für niemanden, sagte Mack.
Vor allem jene Festivalbesucher mussten behandelt werden, die an der Cocktailbar des Geländes vor dem starken Gewitter Schutz gesucht hatten. An dem zeltüberspannten Bus nahe eines Turms sei dann gegen 02.00 Uhr der Blitz eingeschlagen. Über metallene Pfähle, Bänke und Befestigungsschnüre traf der Blitz die Besucher. Trotz der Schreckensnacht ging das Festival am Sonntag weiter.
In Bayern verletzten herumwirbelnde Äste 18 Besucher eines Kulturfestivals. Am Sonntag waren vier von ihnen noch im Krankenhaus. Bei Würzburg erschlug ein von orkanartigen Böen entwurzelter Baum eine Autofahrerin. Baden-Württemberg meldete mindestens 38 Verletzte, darunter 11 Schwerverletzte. Allein zehn Menschen erlitten Verletzungen, als der Sturm die Zelte auf einem Rockfestival wegfegte.
Die Gewitter funkten auch der Bahn dazwischen. Zahlreiche Bäume stürzten auf Gleise und Oberleitungen. Betroffen war vor allem der Regional-, aber auch der Fernverkehr. Die ICE-Strecke München-Stuttgart war stundenlang bis Sonntagmittag gesperrt. In der Nacht saßen die Passagiere in drei Zügen zwischen Stuttgart und Ulm längere Zeit fest, bevor die Züge umgeleitet wurden. Bereits am Freitagabend hatten Gewitter die Strecke Hamburg-Berlin zeitweise lahmgelegt. Die meisten Strecken im Regionalverkehr waren am Sonntagmorgen wieder frei.
Berlin wurde zwei Nächte in Folge von heftigen Unwettern heimgesucht. Der Deutsche Wetterdienst zählte allein in der Nacht zum Sonntag mehr als 8 000 Blitze. Die Feuerwehr rückte in den Nächten von Freitag bis Sonntag fast 400 mal aus. Gewitterböen hatten ganze Straßenzüge verwüstet. In Kiel wurden Teile der Altstadt überflutet.
In Bayern ertranken zwei Männer beim Baden. Ein 13-Jähriger wurde leblos aus einem Freibad geborgen, er liegt in kritischem Zustand in einer Klinik. Nach dem Blitzschlag mit drei Todesopfern am Freitag auf einem Golfplatz in Nordhessen kämpft eine 50-Jährige weiter um ihr Leben. Ihr Zustand sei unverändert, sagte am Sonntag ein Polizeisprecher in Kassel.
Am Sonntagmorgen überlebte ein 23 Jahre alter Mann im hessischen Alheim einen Blitzeinschlag in sein Auto unverletzt. Wie die Polizei in Fulda mitteilte, hatte der Mann an einem Teich geangelt und die Nacht in seinem Auto verbracht. Am frühen Sonntagmorgen schreckte er durch einen lauten Knall aus dem Schlaf - der Blitz hatte das Auto getroffen. Dabei zerbarsten die Scheiben der Beifahrertür. Der Mann kam mit dem Schrecken davon. Ein Auto gilt als ein sogenannter Faradayscher Käfig: Die Hülle wirkt als elektrische Abschirmung.
Verantwortlich für die Gewitterlage sind feuchte Luftmassen aus dem Mittelmeerraum. Sie hätten „wahre Wolkenberge“ über Deutschland entstehen lassen, wie die Meteorologin Johanna Anger vom Deutschen Wetterdienst in Offenbach erläuterte. Die sich darin bildende hohe Energie entlädt sich dann mit Blitz und Donner.