Groschenromane haben eine treue Leserschaft

Frankfurt/Main (dpa) - Wenn die Frankfurter Buchmesse (12. bis 16. Oktober) beginnt, stehen sie nicht gerade im Mittelpunkt. Aber Millionen Leser - und vor allem Leserinnen - verschlingen sie Woche für Woche: Groschenromane.

Groschenromane lesen ist ein bisschen wie Überraschungseier sammeln oder Vorabendserien schauen. Es geht um die Varianz innerhalb des Immergleichen. Man weiß, was man bekommt, aber im Detail ist jedes Ei/jede Folge/jeder Roman dann doch ein bisschen neu. Das animiert zum Sammeln. Davon leben einige Verlage ganz gut. Nur allzu viel ändern darf sich nicht, sonst streiken die Leser.

Anders als das Buch eines einzelnen Autors ist ein Groschenroman ein Serienprodukt. „Dr. Norden“ ist seit 35 Jahren für den Kelter-Verlag im Dienst, knapp 1000 Einzelhefte sind seitdem erschienen. Ermittler „Jerry Cotton“ hat für Bastei Lübbe seit 1954 über 2800 Fälle gelöst. Die wöchentlichen Folgen - stets exakt 64 Seiten dick - gibt es für 1,50 oder 1,60 Euro im Zeitschriftenhandel. Der Hamburger Martin Kelter Verlag verkauft monatlich 3,3 Millionen Hefte von 55 parallel laufenden Titeln. Der Konkurrenz Bastei Lübbe in Köln setzt pro Jahr 27 Millionen Hefte mit 31 Titeln ab.

Das Themenspektrum ist 2011 das gleiche wie vor Jahrzehnten: Ärzte und Schicksale, Adel und Liebe, Familie und Heimat für die weibliche Leserschaft. Krimis und Grusel, Science-Fiction und Western für die männlichen Leser: „Silvia-Schicksal“ und „Mami“, „Der Bergpfarrer“ oder „Toni der Hüttenwirt“, „Fürstenkinder“ und vor allem Ärzte aller denkbaren medizinischen Fachrichtungen. Vorzeigeheld in diesem Nischen-Segment ist jedoch der Astronaut Perry Rhodan, der seit 1961 beim Pabel-Moewig Verlag in Rastatt verlegt wird.

„Die Lesererwartung ist sehr konstant“, sagt der Leiter der Romanheftabteilung bei Bastei Lübbe, Florian Marzin. Man habe es mal mit Cross-over versucht, aber das habe nicht geklappt. „Und Humor funktioniert überhaupt nicht.“ Auch wenn die Formate sehr konstant blieben: Inhaltlich von gestern seien die Romane keineswegs: „Auch in unseren Liebesromanen schreiben die Menschen SMS und lernen sich über Facebook kennen.“

700 bis 1000 Euro bekommen die anonymen Autoren, die im Wechsel einzelne Folgen schreiben. Ein „routinierter Autor“, erfährt man aus Branchenkreisen, brauche ungefähr zwei Wochen für einen Roman, der sich nahtlos in ein „Serienexposé“ einpassen muss, in dem die Figuren charakterisiert sind, ihre Beziehungen zueinander, die örtlichen Gegebenheiten und sonstige Details, die das ganze erst zur Serie werden lassen. „Die Serienfigur als Identifikationsobjekt hat bei den Romanheften einen hohen Stellenwert“, weiß Andreas Schäfer, Cheflektor bei Kelter.

Natürlich verkaufen die Verlage heute weniger Groschenhefte als vor 20 oder 30 Jahren. Genaue Zahlen bekommt man nicht, aber Schätzungen zufolge wurden früher vielleicht dreimal so viele Hefte gelesen. Es sei aber keineswegs so, „dass uns die Leser wegsterben“, betont Marzin: „Die Zahlen sind seit Jahren konstant.“ Seit zwei Jahren gibt es wichtige Serien auch als E-Book.

Die Nähe zwischen TV-Serien und Romanheften ist nicht fiktiv, beide spielen sich gegenseitig die Bälle zu. „Dr. Stefan Frank“ gab es lange als Groschenromanfigur, bevor er Held einer TV-Serie wurde - im Dezember erscheinen Romanhefte, die einen Handlungsstrang aus der TV-Serie „Verbotene Liebe“ weiterführen.