Großbrand in Unesco-Welterbestadt Quedlinburg
Quedlinburg (dpa) - Ein verheerendes Feuer hat in der historischen Unesco-Welterbestadt Quedlinburg erneut zwei Häuser in Schutt und Asche gelegt. Nach den Ermittlungen der Polizei wurde der Brand durch Bauarbeiter ausgelöst, die ein Dach reparieren wollten.
Verletzt wurde niemand, der Sachschaden liegt bei rund 150 000 Euro. In diesem Jahr hatte es in der einzigartigen Altstadt, die jährlich Hunderttausende Touristen nach Sachsen-Anhalt lockt, bereits mehrere Male gebrannt.
Jetzt traf es in der Nacht zum Freitag zwei bestens sanierte Wohnhäuser, auch ein drittes angrenzendes Haus wurde durch Flammen und Löschwasser schwer beschädigt. Arbeiter hätten am Dach eines der Fachwerkhäuser am Donnerstag mit offener Flamme Schweißbahnen verlegt, teilte die Polizei in Halberstadt mit. Dabei sei es zu einem zunächst nicht bemerkten Schwelbrand gekommen, der sich im Laufe des Abends zu einem richtigen Feuer entwickelt habe.
Der Brand wurde gegen 22.00 Uhr von einem Bewohner bemerkt - als ein Rauchmelder anschlug und damit eine Katastrophe verhinderte. So habe die Feuerwehr schnell eingreifen können, sagte Oberbürgermeister Eberhard Brecht (SPD). „Sonst wären die Schäden vermutlich noch größer geworden.“ Acht Bewohner konnten rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden. Die Feuerwehr brachte mit 65 Helfern die Flammen unter Kontrolle.
Brecht forderte, in allen Fachwerkhäusern müssten Brandmelder gesetzlich vorgeschrieben werden. „In Quedlinburg wäre eine Pflicht sicherlich angezeigt.“ Die oft lebensrettenden Rauchmelder sind in Sachsen-Anhalt bisher nur für neue Wohnungen vorgeschrieben. Bis zum Jahr 2015 sollen sie nach der aktuellen Gesetzeslage auch in schon bestehenden Wohnräumen nachgerüstet werden, erklärte das Bauministerium in Magdeburg.
Für die Feuerwehr ist der Einsatz zur Rettung historischer Fachwerkhäuser oft schwierig. Die Holzkonstruktion entzünde sich leichter, brenne schneller und sei für das Löschen mit Wasser nicht geeignet. „Wasser würde die historische Substanz beschädigen“, sagte der Brandoberinspektor der Berufsfeuerwehr in Halle, Daniel Schöppe, in einem dpa-Gespräch. Er empfahl, stattdessen mit Schaum zu löschen. Probleme bereiteten in Altstädten mit ihren engen Gassen oft auch zugeparkte Zufahrtswege.
Die historische Altstadt von Quedlinburg ist derzeit zu rund 55 Prozent saniert, 45 Prozent der mehr als 1300 Häuser müssen noch wiederhergestellt werden, wie Oberbürgermeister Brecht berichtete. Die mehr als 1000 Jahre alte Siedlung gilt als Wiege des Deutschen Reiches. Schon der viel reisende Kaiser Otto der Große (912-973), der das Bistum Magdeburg gründete, nutzte die Stadt. Zu DDR-Zeiten wurden die historischen Bauten vernachlässigt, die schmucke Fassade begann zu bröckeln.
Die Stadt habe heute an zwei Fronten zu kämpfen: Zum einen macht der Bevölkerungsschwund zu schaffen, auch wenn in der Altstadt die Einwohnerzahl seit den 90er Jahren zugenommen hat. Zum anderen sind noch immer immense finanzielle Mittel für die Sanierung notwendig. „Das ist eine Herkulesaufgabe“, sagte Brecht. Ein Flächendenkmal mit 80 Hektar sei viel teurer zu erhalten als ein einzelnes Haus. Fördermittel erhält die Stadt von Bund, Land, EU und auch mehreren Stiftungen. Die Sanierungen würden aber noch 20 oder 30 Jahre dauern.
In den vergangenen Jahren profitierte Quedlinburg aber auch von den immens gestiegenen Touristenzahlen. Nach einer inoffiziellen Statistik habe es nach der Wende 1990 nur 2000 Gäste-Übernachtungen in Quedlinburg gegeben, sagte Brecht. Dieses Jahr werde mit mehr als 200 000 gerechnet nach 180 000 Übernachtungen im vergangenen Jahr. Der Tourismus ist damit eine wichtige Einnahmequelle geworden.
In Quedlinburg hat es in den vergangenen Monaten schon mehrfach gebrannt. Im April wurden drei Fachwerkhäuser zerstört, wenige Tage später wurden zwei weitere historische Gebäude durch ein Feuer schwer beschädigt. Im Juni 2010 gingen drei Fachwerkhäuser in Flammen auf. In den vergangenen Wochen gab es laut Polizei zudem mehrere Fälle, wo Unbekannte Müllcontainer in Brand setzten. Beim jüngsten Feuer schließt die Polizei aber vorsätzliche Brandstiftung aus.