100 und kein Ende: „Die ultimative Chart Show“
Hamburg (dpa) - Sie ist eine Mischung aus Promi-Talk, Nostalgie, Überraschung und ganz viel Musik. Und sie funktioniert. „Die ultimative Chart Show“ mit Oliver Geissen beschert RTL seit 2003 stetig gute Quoten.
Jetzt steht die 100. Sendung an - ein Rückblick, aber kein Ende.
Alice Cooper zog sich ein grässlich spießiges T-Shirt über, spielte erstmal im Studio eine Runde Golf und war dann ein netter, angenehmer Gesprächspartner. „Wie die meisten wirklich großen Stars, ein Rod Stewart, ein Joe Cocker“, erzählt Moderator Oliver Geissen. Schlimm sei oft nur die Entourage der Show-Könige, die übereifrigen Agenten und PR-Leute, meint der 42-Jährige. Ein Erfahrungsschatz aus seiner RTL-Sendung „Die ultimative Chart Show“, die er am Freitag (9. Dezember, 20.15 Uhr) bereits zum 100. Mal präsentiert.
Die Jubiläumsshow mit dem Untertitel „Deutschland wählt die Nr.1“ kommt zwar auch wieder aus Köln und wird auch wieder etliche Musikstars vereinen, ist aber sonst ein wenig anders als üblich. Diesmal wurden nicht die offiziellen Musikcharts nach einem bestimmten Kriterium (größte Party-Hits, Rocksongs, Schlager) ausgewertet, sondern die Zuschauer konnten selbst entscheiden, welche Hits aus den bisherigen „Chart Shows“ sie wieder hören wollten. Mehr als tausend Titel standen beim Videoportal Clipfish zur Wahl, rund eine Million Stimmen wurden bei der Internetabstimmung gezählt. Und dann kann - inklusive Werbepausen - fast vier Stunden lang das große Knobeln anheben: Wer von allen Kandidaten wird wohl die Nummer eins?
2003 war es Danyel Gérard mit seinem Hit „Butterfly“ gewesen, in der allerersten „ultimativen Chart Show“ - Thema: „Die erfolgreichsten Singles aller Zeiten“. Ebenso wie viele Zuschauer war auch Moderator Geissen überrascht, er allerdings weniger über die „Butterfly“-Top-Platzierung als viel mehr über die Top-Quote: An die acht Millionen Menschen hatten die Sendung gesehen, der zunächst kaum eine große Erfolgschance gegeben wurde, als RTL an die Produzentin Judith Langhans die Losung ausgegeben hatte: „Schafft uns eine Musiksendung!“
Denn Musiksendungen galten Anfang des Jahrtausends - viele Jahre nach den seligen ZDF-„Hitparade“-Zeiten mit Dieter Thomas Heck - als Quotenkiller; Musikeinlagen in Showsendungen waren typische „Ich hol uns noch ein Bier“-Pausen. Diesmal also nicht. Obwohl die geltende Faustformel „Nicht länger als zwei Stunden“ um eine volle Sendestunde überschritten wurde.
Die meisten Deutschen gehen Erhebungen zufolge um 22.30 Uhr ins Bett, wie Judith Langhans erklärt. „Bei uns offenbar nicht.“ An der Mischung mag's liegen: „Wir sind noch eine richtige Familiensendung.“ Ältere Zuschauer hören noch mal ihren Heintje oder Roy Black, die Teenager ihre eigenen Favoriten. Und alle dürfen gemeinsam raten, wer denn wohl der Sieger wird. Das ist der eine Reiz. Der andere: die gehörige Prise Nostalgie. „Da hört man einen Schlager von damals und denkt: Mensch, das war doch der große Hit, den wir damals bei der Klassenfahrt immerzu gedudelt hat. Oder bei dem Titel habe ich ein erstes Mal meine Freundin geküsst“, sagt Geissen.
An immer neuen Themen ist kein Mangel. Wobei es Überraschungen gibt. Bei der Sendung über die erfolgreichsten Pop-Komponisten zum Beispiel. Judith Langhans: „Wer kennt die schon?“ Aber die Quote erreichte auch hier die inzwischen übliche Marke zwischen drei und vier Millionen Zuschauern. Ein Flop dagegen war die Sendung mit den erfolgreichsten Fußballliedern kurz vor Beginn des „Sommermärchens“ 2006: „Bei Fußball wollen die Leute Fußball sehen, nicht Lieder hören“, lautet inzwischen die Erkenntnis. Und der Marktanteil von üblichen 20 Prozent war auf 14,8 abgerutscht.