Moderner Buchdruck Gutenberg stand bis zuletzt an der Druckerpresse

Mainz (dpa) - Er wurde als „Mann des Jahrtausends“ gefeiert, aber von seinem Leben ist kaum etwas bekannt. „Jeder kennt Johannes Gutenberg, obwohl man kaum etwas über ihn weiß“, sagt Elke Schutt-Kehm, die stellvertretende Direktorin des Gutenberg-Museums in Mainz.

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Umso mehr Legenden umgeben den Erfinder des modernen Buchdrucks mit beweglichen Metall-Lettern. Eine davon ist das Sterbedatum 3.2.1468, auf das sich das diesjährige Gedenken zum 550. Todestag Gutenbergs bezieht.

Zwar ist Gutenberg in einer Totenliste der Begräbnisbruderschaft St. Viktor in Mainz-Weisenau aufgeführt: „Hengin Gudenberg Civis Mag“ (der Mainzer Bürger Johann Gutenberg). Aber der Schreiber hat kein Datum hinzugefügt. Umso bedeutsamer ist ein 2016 in Würzburg wiederentdecktes Dokument vom 26.2.1468 - darin bestätigt der Mainzer Humanist Konrad Humery dem Erzbischof Adolf II. von Nassau, dass er aus dem Nachlass von Johannes Gutenberg eine Druckerpresse erhalten hat.

Daraus lasse sich schließen, dass Gutenberg etwa vier Wochen zuvor gestorben sei, erklärt der Mainzer Buchwissenschaftler und Herausgeber des Gutenberg-Jahrbuchs, Stephan Füssel. Noch wichtiger aber sei der damit verbundene Nachweis, dass Gutenberg bis zu seinem Lebensende eine Druckerpresse hatte und wohl auch noch daran gearbeitet habe. Das vermeintliche Todesdatum 3. Februar geht nach Angaben Füssels auf die Veröffentlichung eines Heimatforschers aus dem Jahr 1910 zurück, die wissenschaftlich nicht haltbar ist.

Entgegen einer anderen Legende „ist Gutenberg auf keinen Fall verarmt und vergessen gestorben, sondern hochgeehrt“, erklärt Füssel. So wurde der Drucker 1465 zum Hofmann ernannt und damit von Steuern und Lasten befreit. Zudem erhielt er Natural-Leistungen: zwei Fuder (etwa 24 Eimer) Wein und 20 Malter (ein Malter fasste etwa 109 Liter) Getreide im Jahr.

Geboren wurde Gutenberg irgendwann um das Jahr 1400 in Mainz oder möglicherweise auch in Eltville auf der anderen Rheinseite im Rheingau. Er gehörte einer Familie wohlhabender Kaufleute an und hieß eigentlich Johannes Gensfleisch - der spätere Name kommt vom Hof zum Gutenberg, wo seine Eltern Friele und Else ansässig waren.

Möglicherweise studierte Gutenberg in Erfurt, das damals zum Erzbistum Mainz gehörte. Innerstädtische Konflikte waren wohl mit ein Grund, warum er Mainz 1428 verließ. Gesichert ist, dass er von 1434 bis 1444 in Straßburg war - die damals bedeutendere Stadt bot auch mehr Erwerbsmöglichkeiten.

Nach der Rückkehr nach Mainz setzte Gutenberg seine Arbeiten zum Buchdruck mit beweglichen Lettern fort. Unterstützung fand er bei dem Geschäftsmann Johannes Fust und dem Schreiber Peter Schöffer. Zwischen 1452 und 1454 entstand die Gutenberg-Bibel, nach dem Layout von 42 Zeilen auch kurz B-42 genannt.

Der Druck von etwa 180 Exemplaren dieser Bibel sei kommerziell durchaus erfolgreich gewesen, erklärt Füssel. Er verweist auf die Beobachtung des Diplomaten und späteren Papstes Enea Silvio de Piccolomoni von der Frankfurter Messe im Oktober 1454, wonach die gesamte Auflage vergriffen sei.

Auch der in vielen Gutenberg-Biografien vermerkte Rechtsstreit mit Fust müsse nach modernen rechtshistorischen Untersuchungen neu betrachtet werden, erklärt Füssel. In einer Studie zu dem Zivilprozess von 1455 gelangte Michael Empell zu dem Schluss, Gutenberg sei damals keineswegs zahlungsunfähig gewesen.

Zwar ist der Buchdruck mit austauschbaren Buchstaben in China schon im 11. Jahrhundert entwickelt und dann im 13. Jahrhundert auch in Korea üblich gewesen. Aber Gutenberg entwickelte die Technik eigenständig für sich, zusammen mit einem Handgießinstrument und einer Druckerpresse. Und mit einem eigenen Motiv: Ihm lag daran, in den gedruckten Werken den Stil handschriftlicher Bücher nachzuempfinden. „Er wollte so schön drucken wie handgeschrieben - nicht so schön wie gedruckt“, sagt Schutt-Kehm.

Die stellvertretende Museumsdirektorin sieht in Gutenberg auch den ersten Typografen. Der Guss seiner Metallbuchstaben stehe am Anfang der modernen Schriftgestaltung, bis hin zur Entwicklung von Fonts für digitale Schriftbilder. „Gutenberg hat mit seiner wegweisenden Erfindung die Vermittlung von Wissen und Bildung für jedermann ermöglicht“, sagt Füssel. „Ehemals in Handschriften verstecktes Wissen konnte nun in hohen Auflagen an die zunehmend größer werdende Zahl von Lesefähigen verbreitet werden.“ Gutenberg kann somit als Vater der Massenkommunikation bis hinein ins digitale Zeitalter verstanden werden.

Die in allen Schrifttypen verborgene Leistung ist denn auch besser als jede Darstellung geeignet, Gutenberg in Erinnerung zu halten. „Es gibt kein zeitgenössisches Porträt Gutenbergs“, erklärt Schutt-Kehm. „Das erste Bild ist über 100 Jahre nach seinem Tod entstanden, und jede Epoche hat sich ihr eigenes Bild von ihm gemacht.“ So ist es auch legitim, wenn die Gutenberg-Statue im Zentrum der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt zum Rosenmontag regelmäßig karnevalistisch verkleidet und in die vier Farben der Mainzer Fastnacht gehüllt wird.