Großreinemachen Häftlinge räumen Rom auf
Rom (dpa) - Am Kolosseum ist schon morgens die Hölle los, Touristen drängen sich vor Italiens berühmtestem Denkmal. Dazwischen in den Büschen leuchten weiße Anzüge. Männer mit hellen Overalls rechen den Dreck vor dem Kolosseum zusammen, ziehen Plastiktüten aus dem Gras, schultern Müllsäcke - streng beobachtet von mehreren Polizisten.
Denn im müllgeplagte Rom machen neuerdings Häftlinge sauber.
Als erstes ist der Park Colle Oppio nur wenige Meter vom Kolosseum entfernt dran. Von dem Pilotprojekt profitierten sowohl die Stadt als auch die Häftlinge und die Römer, sagt Gabriella Stramaccioni, die den Einsatz für die Stadtverwaltung beaufsichtigt. Wenn das Kolosseum sauber ist, sollen in den kommenden sechs Monaten andere Plätze und Parks im Zentrum folgen, dann in der Peripherie. Auch Sportplätze oder Bibliotheken könnten so in Schuss gehalten werden.
18 Häftlinge sind an jenem Tag im Einsatz. Mit einem kleinen Bus kommen sie aus dem Gefängnis Rebibbia, eine der größten Haftanstalten Italiens. „Es sind Männer, die relativ milde Strafen absitzen, die sich gut benommen haben und die noch ein bis maximal zwei Jahre haben“, sagt Stramaccioni. Die Fluchtgefahr sei also gering - und verurteilte Mörder sind sowieso nicht im Putzeinsatz. Auf einen Häftling kommt ein Polizist. Elektronische Fußfesseln tragen sie nicht.
Touristen finden das Projekt gut. „Bevor sie in ihren Zellen Löcher in die Tapeten machen, ist das doch besser“, sagt Danny Drath, der mit seiner Familie aus Schwerin unterwegs ist und das Grüppchen beobachtet. „Angst haben wir nicht, das ist doch gut, wenn sie sich nützlich machen.“
In Rom gibt es in jeder Hinsicht viel zu tun. Vor allem, nachdem es vor einem Monat einen einzigen Tag geschneit hat. Seitdem herrscht Notstand in Italiens Hauptstadt. Viele Parks sind immer noch geschlossen, weil wettergeschädigte Bäume umzukippen drohen. Beim Gartenamt gibt es nicht genug Mitarbeiter, Müll liegt überall herum. Praktisch, wenn also auch Häftlinge mitanpacken und sich um die Grünflächen kümmern.
Und sie könnten auch helfen, die ruinierten Straßen in Rom in Schuss zu halten, sagt Stramaccioni. Denn vor allem das Schlagloch-Problem treibt die Römer in den Wahnsinn. Seit dem Kälteeinbruch gleichen die Straßen einer halsbrecherischen Buckelpiste. Manchmal tun sich gar metertiefe Krater auf und verschlucken ganze Autos. Es ist Volkssport geworden, mit der Zahl der Schlaglöcher vor der eigenen Haustür aufzutrumpfen.
Die Kommune hat zwar einen Schlagloch-„Marshall-Plan“ angekündigt. Innerhalb von 30 Tagen sollten 50 000 Löcher gestopft werden. Doch viele zweifeln daran, dass sich irgendetwas an den Straßenverhältnissen ändern wird, denn Rom ist pleite. Bürgerinitiativen sind daher gefragt. Für den Verein Tappami - auf Deutsch in etwa „Füll mich auf“ - stopfen zum Beispiel Freiwillige in eigener Regie Schlaglöcher. Auch Häftlinge könnten solche Arbeiten verrichten, so Initiator Cristiano Davoli. „Jeder, der dazu beiträgt, diese Stadt wieder wohnlicher zu machen, ist willkommen.“