„Hände gut, alles gut“ - im Nagelstudio nur für Männer

München (dpa) - Wer an ein Nagelstudio denkt, hat wohl schnell ein paar Bilder im Kopf: Kitsch, grellbunte Reklame - und ganz viel Rosa. Das „Hammer & Nagel“ in München hat all das nicht.

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Dort steht eine Werkbank, an der Wand hängen Zangen und eine Schweißermaske, ein paar Schwarz-Weiß-Bilder.

Das „Hammer & Nagel“ ist eine „Werkstatt für Männerhände“ - laut Geschäftsführer Philipp Pechstein Deutschlands einziges Nagelstudio für Männer - vielleicht sogar Europas. „Ich habe zumindest bislang keins gefunden“, sagt Pechstein, der das Studio vor rund drei Monaten in der Nähe des Viktualienmarktes eröffnet hat.

Etwa 1000 Kunden habe sein Team seither schönere Finger- oder Fußnägel verpasst. „Ganz normale, klassische Maniküre und Pediküre“ hätten die Kunden gewollt, sagt Nageldesignerin Caro, die vorher in einem Tattoo-Studio gearbeitet hat und so auch aussieht. „Bei uns gibt es ja keinen Lack oder so.“

Von jung bis alt, von schwul bis hetero sei alles an Kunden dabei, sagt Pechstein. Den meisten seien schöne Hände beruflich wichtig. Das gilt auch für den 29 Jahre alten Event-Manager Anys Bentchikou, der sich an einem Morgen im September zum ersten Mal die Nägel machen lässt. „Hände sind die Visitenkarte des Mannes“, sagt er. Bislang habe sich seine Freundin um seine Nägel gekümmert. Seltsam findet er den Besuch im Nagelstudio nicht. „Es ist genau so wie beim Friseur sitzen“, sagt er. „Es ist wirklich ein Männerparadies.“ Unter den Zeitschriften, die ausliegen, ist auch der „Playboy“.

Frauen können sich dort nicht die Nägel machen. Wenn eine Frau darauf bestehe, bei ihm behandelt zu werden, könne er ihr das natürlich nicht abschlagen. Das Antidiskriminierungsgesetz. Das sei aber noch nie vorgekommen. „Früher gab es in Werkstätten auch keine Frauen. Und so schaut es hier auch aus. Es schaut nicht nach Frauen aus, es schaut nach Männern aus“, sagt Pechstein.

„Es hat sich natürlich irre was getan bei den Männern, weil die Männer heute auch gefordert sind durch die Werbung und die ganzen Vorbilder, Schauspieler mit Sixpack“, sagt der Berliner Visagist René Koch, der seinen Job seit 50 Jahren macht und inzwischen 20 Prozent männliche Kunden hat. „Früher gab es nur nackte Frauen - heute sieht man auch Herrn Clooney und wie die alle heißen. Dadurch hat sich auch das Auge der Frau drauf eingestellt.“

Darum, so meint Koch, Autor des Buches „Mann, bist Du schön!“, müssten Männer heute mehr für ihr Aussehen tun als ihre Väter und Großväter. „Früher hat man gesagt, ein Mann muss nach Whiskey, Schweiß und Zigarre riechen - das ist heute anders.“

Ein Beispiel: Das Segment Herrenkosmetik ist nach Angaben von Martin Ruppmann, Geschäftsführer des VKE-Kosmetikverbandes, im vergangenen Jahr um fast vier Prozent gewachsen.

Männer machten sich heute chic - und holten sich dafür auch gerne professionelle Hilfe, meint Koch. „Die haben ja in den meisten Fällen keinen Freund, mit dem sie sich in Modefragen austauschen.“ Darum, so Koch, gebe es verschiedene Männersalons, die sich darauf spezialisiert hätten, Männern dabei unter die Arme zu greifen.

Das gilt auch für das „Hammer & Nagel“, das nach nur drei Monaten bereits expandieren will, wie Geschäftsführer Pechstein sagt. Ein weiteres Studio in München sei geplant, eines in Berlin und vielleicht noch ein weiteres in Wien. „Wir haben heute eine Gesellschaft, in der es darum geht, sich darzustellen“, sagt Schönheits-Experte Koch. Und Frauen legten sehr viel Wert auf gepflegte Männerhände. „Ich sage immer: Hände gut, alles gut.“

Service:René Koch, „Mann, bist Du schön!“, Verlag Gesundheit 1998, 143 Seiten, ISBN-13: 978-3333010212