Heim am Haken - Wohnwagen werden immer beliebter
Berlin (dpa/tmn) - Ihr Ruf ist nicht der beste. Stets gemütlich unterwegs sind Wohnwagen-Camper vielen Autofahrern ein Dorn im Auge. Auch gelten sie als recht konservativ. Da verwundert es kaum, dass sich der Markt für Wohnwagen lange auf Talfahrt befand.
Doch jetzt geht es offenbar wieder aufwärts.
„Die Neuzulassungen von Caravans erreichten in der aktuellen Saison von September 2014 bis März 2015 mit 7467 neu registrierten Einheiten ein Plus von 20,5 Prozent“, berichtet Marc Dreckmeier vom Caravaning Industrie Verband (CIVD). Was ihn besonders positiv stimmt, ist der gleichzeitige Zuwachs auf dem Markt für gebrauchte Wohnwagen, hier ging es um 7,4 Prozent auf 27 824 Einheiten nach oben. „In der Regel entwickeln sich diese beiden Absatzmärkte gegenläufig“, sagt er.
Gründe für den gestiegenen Absatz sieht der CIVD neben der Flexibilität des Caravanings im Allgemeinen auch darin, dass die Anbieter verstärkt neue Märkte erschließen. „Viele aktuelle Modelle sind leichter und ermöglichen so den Einsatz kleinerer Zugfahrzeuge“, sagt Dreckmeier. Neue Materialien machen das möglich: Die alten Holzböden würden durch Wabenkonstruktionen aus glasfaserverstärktem Kunststoff ersetzt. „Auch aus den Seitenwänden wird das schwere Holz verbannt und durch leichtere Komponenten ersetzt“, so Dreckmeier.
Zudem spricht die Industrie laut Dreckmeier durch die Preisgestaltung neue Zielgruppen an: „Die Hersteller schaffen es, durch schnörkellose Modelle und Baureihen den Einstiegspreis der Caravans bei rund 10 000 Euro zu verankern.“ Wer Extras will, wird auf Wunsch bedient: „Von Diodenbeleuchtung über eine reich ausgestattete Küchenzeile mit Dreiflammenherd sowie Kühl- und Gefrierkombination bis hin zu multifunktionalen Sanitärräumen und Betten ist alles möglich.“
Auch Thomas Schreiner vom Auto- und Reiseclub Deutschland (ARCD) sieht die positive Tendenz, möchte aber noch nicht von einer Trendumkehr sprechen. „Von den Absatzzahlen früherer Jahre sind wir bei den Wohnwagen noch weit entfernt“, gibt er zu bedenken. Der Trend zu leichteren, einfacheren Modellen zu moderaten Preisen spricht aber auch nach seiner Auffassung neue Zielgruppen wie jüngere Familien an.
Das verstärkt einen Vorteil von Wohnwagen gegenüber Wohnmobilen. „Sie sind einfach günstiger - nicht nur bei der Anschaffung, sondern auch bei den Folgekosten“, sagt Schreiner. „Sie haben keinen Motor, nur wenig Elektronik und deshalb einen geringen Wartungsbedarf.“ Außerdem ist anders als bei den meisten Wohnmobilen kein zusätzliches Fahrzeug für den Alltag notwendig, was die Kosten immens verringert.
Daraus ergibt sich auch die Flexibilität beim Urlaub mit Wohnwagen. „Man kann campen, aber trotzdem vor Ort Ausflüge mit dem Pkw machen“, sagt Schreiner. „Und damit kommt man auch an Stellen, die man mit einem Wohnmobil nicht unbedingt erreicht.“ Zuweilen gibt es schließlich Beschränkungen bei der Durchfahrtshöhe oder -breite.
Mit Caravan am Haken ist das Fahren allerdings anspruchsvoller. „So ein Gespann ist gut und gerne 12 bis 13 Meter lang, da wird vor allem das Rangieren zur Herausforderung“, so Schreiner. Und er gibt zu bedenken, dass das Reisetempo begrenzt ist, meist auf 80 km/h. Erfüllen Trailer und Zugwagen besondere technische Voraussetzungen, kann es eine Freigabe für 100 km/h geben. Mehr geht aber nicht.
Der passende Führerschein ist für das Ziehen eines Wohnwagens nötig. „Seit 1999 gibt es die Führerscheinklasse B, und die gilt nur für Gespanne bis 3,5 Tonnen, wenn der Anhänger eine zulässige Gesamtmasse von mehr als 750 Kilogramm hat“, sagt Kurt Bartels vom Fahrlehrerverband NRW. Da liegen Wohnwagen fast immer drüber, so dass die 3,5 Tonnen zulässige Gesamtmasse für das Gespann leicht erreicht werden. Nötig sei dann Klasse BE, mit der man Anhänger bis 3,5 Tonnen ziehen darf. Wer noch den alten Führerschein der Klasse 3 gemacht hat, muss sich indes keine Sorgen um diese Einschränkungen machen.
Laut Bartels ist beim Ziehen von Caravans zudem zu bedenken, dass sie empfindlich für Seitenwind sind. „Das gilt gerade für Einachser, Wohnwagen mit Tandem-Achse sind da weniger anfällig“, sagt er. Und wer Hausrat mitschleppt, muss nicht nur darauf achten, dass der Anhänger nicht überladen wird, sondern auch darauf, wie das Gewicht verteilt wird. „Schwere Sachen gehören in den Schränken nach unten und eher auf die Achse oder nach vorne“, erklärt Bartels.
Wer diese Dinge beachtet, ist auch mit Wohnwagen im Schlepp sicher unterwegs. Zwar noch immer nicht schnell. Aber das sorgt allenfalls bei anderen Verkehrsteilnehmern für Stress.