Heimwerker-Kurse: Wenn die Frau zum Bohrer greift
Baumärkte geben nach Ladenschluss Kurse in Sägen, Hämmern und Tapezieren.
Wuppertal. Die Frauen sind dabei, auch die allerletzte Männerdomäne zu erobern: das Heimwerken. Handwerkliche Kenntnisse versprechen Unabhängigkeit. Doch Hämmern, Bohren und Fräsen müssen gelernt sein. Dabei helfen — nicht ganz uneigennützig — die Baumärkte.
So organisiert das „Bauhaus“ in Wuppertal-Oberbarmen nach Ladenschluss die „Women’s Night“ — eine Nachhilfestunde in Sachen Handwerken. Vom großen Interesse zeugt die Zahl an Teilnehmerinnen. Gut 300 Frauen aus dem Bergischen Land lernen hier das Heimwerker-ABC: ein Loch bohren, Bretter sägen oder Wände tapezieren. Fortgeschrittene verlegen sogar Fliesen und Laminat, schließen Wasserhähne an und verputzen Wände.
„In meiner Altbauwohnung gibt es immer etwas zu tun“, sagt Anneliese Meisner. Das Problem: Die alleinstehende Wuppertalerin hat Angst vor dem Umgang mit Elektrowerkzeugen. Mit 71 hat sie heute das erste Mal in ihrem Leben eine Bohrmaschine in der Hand. „Ich will meine Angst überwinden“, sagt sie. Darin bestärken sie Sandro Dossena und Thorsten Fieker von der Firma Bosch — und geben der Rentnerin Tipps, wie sich der Bohrer im Holz verhält. Stolz pustet die 71-Jährige „den Maulwurfhügel“, ein Häufchen Sägemehl, von dem Probestück.
Währenddessen fräsen Anna Hellweg (28) und Anita Buhrmeister (34) eine Werkbank weiter mit einem Multifunktionsgerät alte Fugen aus einer gefliesten Wand. Eine Badezimmer-Sanierung steht daheim an. Ihre Männer sind nicht da, haben keine Zeit oder keine Lust. „Die finden immer eine Ausrede.“ So bleibt das Rohr verstopft, die Glühbirne flackert weiter, und Bilderrahmen verstauben in der Ecke. Doch statt sich in langwierige Diskussionen zu verstricken, wollen die beiden Wuppertalerinnen nun selbst das Badezimmer sanieren. „Mein Mann ist Handwerker. Aber Handwerker machen zu Hause ja keine Termine“, sagt Anna Hellweg.
Die 26 Jahre alte Studentin Luisa Kehren schätzt es, dass sie sich in den Kursen unbeobachtet fühlt und keiner neben ihr steht, „der alles besser weiß“. Sie findet es zum Lernen ideal, dass ein erfahrener Handwerker das Vorgehen erklärt, die wichtigsten Handgriffe zeigt und sie dann machen lässt. Sie zweifelt daran, dass das gerade in Beziehungen funktioniere. „Mein Freund ist besonders kritisch, und wenn es nicht klappt, greift er sofort ein“, sagt sie, während sie das Blatt der Stichsäge austauscht.
„Haben Frauen sich erst einmal überwunden, entdecken viele, dass Heimwerken gar nicht so schwierig ist und großen Spaß machen kann“, sagt Heinz-Dieter Konrad von der Bauhaus-Geschäftsführung. Im Gegensatz zu Männern würden sie nach fachmännischem Rat fragen, weil sie sich ihre Unwissenheit eingestehen können. „Frauen fragen zuerst, Männer werfen sofort den Schlagbohrer an“, sagt Konrad.