Heino versucht sich als Rocker
Hamburg (dpa) - Dicht gedrängt stehen die rund 1600 Zuschauer im ausverkauften Hamburger Kiez-Club „Große Freiheit 36“. Neu-Rocker Heino hat mit seinem umstrittenen Album „Mit freundlichen Grüßen“ noch mehr Fans erreicht.
Blonde Perücken, schwarze Sonnenbrillen und Totenkopf-Accessoires zieren Köpfe, Nasen und Oberkörper in der Menschenmenge. Dann starten die Fangesänge: „Wir wollen den Heino sehen, wir wollen den Heino sehen...“ Die Stimmung ist fast so wie im Fußball-Stadion.
Als der 74-jährige Musiker die Bühne betritt, kocht die Menge. Jubelrufe und Pfiffe ertönen. Als Eröffnungssong spielt Heino „Junge“ von den Ärzten, unterstützt wird er von einer Band mit Trompeten, einer Querflöte sowie zwei Background-Sängerinnen und einem Sänger. Gemeinsam liefern sie eine mitreißende Show und spielen Songs wie „Ein Kompliment“ von den Sportfreunden Stiller und „Haus am See“ von Peter Fox. Wirklich rockig ist die Darbietung dennoch nicht - die Songs haben bei Heino immer noch Volksmusik-Charakter.
Neben den Cover-Songs gibt Heino einige seiner Schlager-Klassiker zum Besten - darunter seinen großen Hit „Blau blüht der Enzian“. Vom Song „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ präsentiert er gemeinsam mit seinen Backgroundsängern eine Remix-Version.
Das Publikum ist begeistert. Mit minutenlangen „Olé, olé, olé, olé!“ und „Heino ist die geilste Sau der Welt“ lassen die Fans ihr Idol in den Pausen zwischen den Songs kaum zu Wort kommen. „Das ist ja besser als Rosenmontag in Köln!“, ruft Heino. Irgendwann ist er kaum noch zu verstehen.
Auch Überraschungsgast Olivia Jones sorgt für reichlich Jubel. Die Kiez-Größe und Zweitplatzierte aus der siebten Staffel vom „Dschungelcamp“ überreicht dem 74-Jährigen eine Torte mit Brüsten - und drückt ihm ein Küsschen auf die Wange. So begrüße man Nachbarn, sagt Jones. Sie freue sich, dass Heino endlich mal auf dem Kiez sei.
Nicht alle waren von dem Rock-Album „Mit freundlichen Grüßen“ so begeistert. Die Veröffentlichung im Februar hatte in der Musikerszene viel Wirbel gemacht. Die Bands hatten sich Heino zufolge boshaft über das Cover-Album geäußert. Die „Bild“ sprach vom „Rocker-Krieg“. Seitdem ist es zwischen den Musikern nicht ruhiger geworden: Rammstein-Sänger Till Lindemann trat kürzlich in Berlin im Heino-Outfit - also mit blonder Perücke und Sonnenbrille - auf.
Heino reagiert bei seinem Tourauftakt gelassen auf die Imitation. „Was soll die ganze Aufregung? Es macht mir einfach Riesenspaß.“ Sein Album sei seine Hommage an die deutsche Rock- und Popgeschichte. Dann wird er noch kurz ironisch: „Es ist doch fantastisch, wenn man sich untereinander so gut versteht.“
Seinem Erfolg hat der „Rocker-Krieg“ auf keinen Fall geschadet. Sein neues Album „Mit freundlichen Grüßen“ hat das Musiker-Urgestein so gut verkauft, wie noch keine andere Platte zuvor in seiner Karriere. Heino tritt in diesem Jahr noch in mehr als 20 Städten auf, unter anderen in Köln, Hannover und Berlin.