„Himmlische“ Hotline: Engel mit Smartphone

Brüssel/Amsterdam (dpa) - Wie sieht ein moderner Engel aus? Für den niederländischen Bildhauer Ton Mooy trägt er Jeans und hat neben Flügeln auch Smartphone und Laptop dabei.

Genauso sieht auch der Himmelsbote aus, den der 63-Jährige für die St.-Johannes-Kathedrale in 's-Hertogenbosch geschaffen hat. Seine Skulptur ist zwar nur eine von vielen an der reich geschmückten Fassade des Gotteshauses, das zu den bedeutendsten Gotik-Bauwerken des Landes zählt. Doch seit es auch möglich ist, den telefonierenden Engel anzurufen, sorgt die steinerne Figur für reichlich Wirbel.

„Ich persönlich glaube ja nicht an Engel“, verrät Mooy im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. „Aber ich fand es symbolisch gesehen eine gute Idee, einen Himmelsboten mit dem Kommunikationsmittel unserer Tage par excellence darzustellen.“ Allerdings hat das Smartphone, das sein Engel sich ans Ohr hält, nur eine Taste: „Es ist der direkte Draht zu Gott“, erklärt der Künstler.

Engel seien dazu da, die Menschen zu schützen und ihnen Orientierung zu bieten, sagt Mooy. Doch während er die symbolische Bedeutung unterstreicht, kam ein Ehepaar aus der Stadt auf die Idee, die inzwischen international bekannte Skulptur auch kommerziell zu nutzen: Es schaltete eine Telefon-Hotline, über die angeblich mit dem Engel gesprochen werden kann - zum normalen Telefontarif.

Wer die Nummer wählt, trifft auf eine Frauenstimme. „Engel, was können wir tun, um die Eurokrise zu lösen?“, lautet eine Frage. Zunächst ist am Ende der Leitung ein Lachen zu hören. „Zunächst sollten wir aufhören, so materialistisch zu sein“, antwortet „der Engel“ schließlich. Im Alltag gebe es wunderbare Dinge, die uns glücklich machen könnten: Ein Abendessen mit Freunden, ein Spaziergang durch den Park, das Betrachten des Sonnenuntergangs. „Schuld an der Krise ist der Konsumdrang.“

Mittlerweile würden rund 30 Anrufe täglich gezählt, heißt es in Medienberichten. Zum Hörer griff etwa ein Mädchen, das den Engel fragte, ob er für die kürzlich gestorbene Großmutter beten könne. Anderen Anrufern geht es um Rat bei Liebeskummer, Geldsorgen oder Stress im Büro. Das Ehepaar versichert, es sei nicht auf Profit aus. Es gehe nur darum, den Menschen im Sinne christlicher Werte zu helfen. Auch einen Twitter-Account gibt es inzwischen. Aber wie ist es dann zu verstehen, dass der Anruf Geld kostet? „Ich arbeite nun mal hier unten auf der Erde und muss Wasser, Gas und Strom bezahlen“, lautet die ganz irdische Antwort des „Engels“.

Mooy hält von der Hotline nichts. „Ich glaube, die beiden sind zu weit gegangen. Sie haben das in eine kommerzielle Show im Stile Walt Disneys verwandelt.“ Schließlich gehe es um eine Kathedrale, kritisiert der Bildhauer, der 1997 den Auftrag erhalten hatte, insgesamt 40 Figuren für die ursprünglich im Jahr 1220 gebaute Kirche zu schaffen. Als er schon fast fertig war, erlaubte er sich, den „Engel mit dem Smartphone“ zu verwirklichen.

Die katholische Kirche ist angesichts der kommerziellen Ausschlachtung der Hotline inzwischen in die Gegenoffensive gegangen. Sie schaltete eine eigene Telefonleitung, um mit dem Engel „zu sprechen“. Der Anrufer hat unter der Nummer mehrere Optionen: Vom Band läuft eine männliche Stimme, die etwas zu dem Bauwerk und zur Geschichte des Christentums erzählt oder zum Beten einlädt. Gratis ist der Anruf allerdings auch nicht, 80 Cent kostet die Minute. Das Geld fließe in die Restaurierung der Kathedrale, heißt es.