„Polizeiruf 110“ aus Magdeburg Bizarres Paar wie Bonnie und Clyde

Magdeburg · Eine Frau verschwindet und wird wahrscheinlich Opfer eines Verbrechens. Die Spur führt zu einem bizarren Paar. Brasch ermittelt im neuen „Polizeiruf 110“ aus Magdeburg aus dem Bauch heraus - und riskiert alles.

Foto: dpa/Christin Klose

Nach einer Verabredung in einem Magdeburger Hotel verschwindet die Krankenpflegerin Valerie Klein. Dann tauchen Spuren der jungen Mutter auf einem Hof in einem Dorf vor den Toren der Stadt auf. Hier hat sie eine kürzlich verstorbene Seniorin betreut. Hauptkommissarin Doreen Brasch (Claudia Michelsen) entdeckt in deren Wohnung Blut an der Badewanne und die Kette der Frau. Was wollte Valerie Klein so spät in der Wohnung der Toten? Traf sie dort ihren Mörder?

Brasch stößt nach einer Zeugenaussage auf Marcus Wegner (Sascha Geršak), der eine Scheune auf dem Hof gemietet hat. Von dem Moment an, als die Ermittlerin das erste Wort mit dem sonderbaren Mann wechselt, setzt sich eine Spirale aus Lügen, Selbstzweifeln und Gewalt in Gang. Brasch muss alles riskieren.

Das Erste zeigt „Der Verurteilte“ am Sonntag nach Weihnachten (27. Dezember) um 20.15 Uhr. Als Regisseurin für die neue „Polizeiruf 110“-Folge aus Magdeburg konnte Brigitte Maria Bertele gewonnen werden. Die 46-Jährige ist mehrfach ausgezeichnet, etwa mit dem Grimme-Preis für den ebenfalls mit Claudia Michelsen besetzten Film „Grenzgang“. Das Drehbuch zu „Der Verurteilte“ stammt aus der Feder von Jan Braren, der 2012 für „Homevideo“ ebenfalls den Grimme-Preis bekam.

Ihrer Intuition folgend, nimmt Brasch den hochnervösen Wegner in einem fesselnden Verhör in die Zange. Sie hat keine Zweifel: Dieser einfache, nicht sehr intelligente, impulsive und aggressive Mann hat Valerie Klein getötet. In seinem Haus wird auch ein Foto der vermissten Natalie Schneider gefunden - ein längst abgeschlossener Fall. Doch ihre Leiche wurde nie gefunden. Was hat Wegner damit zu tun? Wie kommt er an das Foto, immerhin ein Originalabzug? Brasch bohrt sich immer tiefer rein und nach einem emotionalen Wortwechsel platzt es aus Wegner heraus. „Weißte was? Ich habe die umgebracht. Beide, ja. Zack, tot. So. Und jetzt ist Ruhe.“

Er will die Leichen im Wald vergraben haben, doch kurz darauf widerruft er sein Geständnis. Brasch will trotzdem im Wald suchen, getrieben von der Möglichkeit, im Fall Schneider einen Unschuldigen hinter Gitter gebracht zu haben. Die Staatsanwaltschaft schaltet sich ein, Wegner kommt frei - und für Brasch bricht eine Welt zusammen. „Sie verrennen sich da“, redet ihr Kriminalrat Uwe Lemp (Felix Vörtler) ins Gewissen. „Ich verrenne mich nicht. Ich muss hier nur mit angezogener Handbremse ermitteln.“ Brasch widersetzt sich allen Anweisungen - mit harten Konsequenzen.

Wegners Ehefrau Annegret (Laura Tonke) kommt ins Spiel. Eine verhuschte, stille Frau mit schlechter Frisur und noch schlechterem Geschmack für Bekleidung. Sie spricht kaum, dafür umspielt ihre Lippen ständig ein kleines, hämisches Grinsen. Brasch glaubt, sie sei in Gefahr und habe Angst vor ihrem gewalttätigen Mann, den sie doch unter den Umständen längst verlassen haben müsste. Doch was weiß sie wirklich? Ist sie Opfer? Oder ist es ganz anders? Am Ende mündet Braschs einsamer Weg in einer Gewaltorgie.

„Der Verurteilte“ ist ein sehr guter Krimi mit viel Sinn für Details. Das Handlungsgerüst funktioniert, die Schauspieler agieren großartig. Neben Claudia Michelsen brillieren Sascha Geršak und Laura Tonke in perfekter Bonnie und Clyde-Manier. Ihre Interaktion als bizarres Pärchen dürfte den Zuschauer fesseln. Ebenso wie die Antwort auf die Frage, wessen Angst hier eigentlich wen nach vorn peitscht. Am Ende gibt es auch Gewissheit im Fall der zwei vermissten Frauen. Eine sichtlich mitgenommene Brasch sitzt der sichtlich unbeeindruckten Annegret Wegner im Verhörraum gegenüber. Sie hat nur eine Frage: „Um wessen Gefühle geht's hier eigentlich?“

(dpa)