Hochwasserlage spitzt sich zu
Cochem/Köln/Berlin (dpa) - Regen und Schneeschmelze lassen immer mehr deutsche Flüsse über die Ufer schwappen. Einige Mosel-Orte waren am Samstag bereits heftig überschwemmt, darunter die bekannten Weinstädte Cochem und Zell.
„Die Stadt ist geflutet“, sagte ein Polizeisprecher in Zell. Die Feuerwehr habe einen Bootsverkehr eingerichtet. Nach Einschätzung von Wehrleiter Markus Morsch standen etwa 60 Prozent der Altstadt unter Wasser, stellenweise bis zu einer Höhe von 1,80 Metern.
In Cochem stand die erste Gebäudereihe am Fluss, in der sich viele Lokale und Souvenir-Läden befinden, unter Wasser. Nach Schätzung der Feuerwehr waren etwa 20 Prozent der Stadt betroffen. Und die Pegelstände sollten weiter steigen.
Für Trier, wo der Moselpegel am Samstagabend zunächst wieder fiel, erwartete das Hochwassermeldezentrum bis Sonntagabend einen Anstieg auf 9,15 bis 9,25 Meter. Die kritische Marke liegt bei 9 Metern.
In Koblenz, wo die Mosel am Deutschen Eck in den Rhein fließt, war die Hochwasserlage angespannt. Die Feuerwehr baute Stege auf, damit sich die Bewohner trockenen Fußes bewegen können. Am Abend wurden die Zufahrten in die Altstadt sicherheitshalber gesperrt. Die Experten rechnen bis Montagabend mit einem Stand von 7,75 bis 7,95 Metern. Ab 7,20 Metern wird das Deutsche Eck überflutet. Die Scheitelwellen von Mosel und Rhein sollen die Stadt in der Nacht zum Dienstag erreichen.
In Köln verschärfte sich die Hochwasserlage, Hubtore wurden hochgefahren, mobile Schutzwände aufgebaut. Der Pegelstand des Rheins werde bis Sonntagmorgen wohl auf über 8,30 Meter steigen, hieß es bei der Hochwasserschutzzentrale. Der Höchststand werde Montag oder Dienstag erwartet, 9 Meter seien nicht auszuschließen.
Vielfach weichte das Erdreich auf. Bei Ratingen nahe Düsseldorf rutschte ein Hang auf eine Landstraße. Um weitere Abbrüche zu verhindern, sprengte das Technische Hilfswerk (THW) Teile der Böschung.
In Brandenburg schwollen am Samstag fast alle Flüsse stark an. Am bedrohlichsten blieb die Lage an der Oder. Vier Eisbrecher - drei deutsche und ein polnischer - schoben sich flussaufwärts durch das bis zu zweieinhalb Meter tief gefrorene Wasser, um den Abfluss der Wassermassen Richtung Ostsee zu erleichtern. Doch auch in Schollen zerteilt könne sich das Eis zu Barrieren türmen und den Wasserstand so rasch und heftig steigen lassen, warnte das Hochwassermeldezentrum in Frankfurt (Oder).
Sorge bereitete auch die bei Küstrin (Kostrzyn) in die Oder mündende Warthe, deren Eisdecke zunehmend brüchig wurde. Sollten sich dort große Eisfelder lösen und in die Oder treiben, könnte sich die Lage schlagartig verschärfen.
In Thüringen überschritten die Ilm in Mellingen im Weimarer Land und die Sprotte im ostthüringischen Großstöbnitz die Grenzwerte für die höchste dortige Alarmstufe 3. Die Sprotte, ein kleiner Zulauf zur Pleiße, der sonst hüfthoch Wasser führt, schwoll auf weit mehr als drei Meter Höhe an. „Die Lage ist akut, im Einzugsgebiet der Pleiße und Sprotte sind alle Feuerwehren im Einsatz“, sagte Kreisbrandinspektor Uwe Engert. Weite Flächen seien überschwemmt. Die Feuerwehren pumpten Keller leer und errichteten Sandsack-Barrieren.
Die Polizei im bayerischen Bamberg musste überschwemmte Straßen sperren, unter anderem die Autobahn 73 von Bamberg Richtung Suhl. Die Pegelstände in Mittelfranken erreichten am Vormittag stellenweise die höchste Warnstufe 4.
In Sachsen-Anhalt bereitete vor allem die Lage an der Weißen Elster Sorgen. Auch andere Flüsse schwollen heftig an - und zumindest bis Montag ist keine Besserung in Sicht. Ähnlich sah die Situation in Sachsen aus. Schmelzwasser aus Tschechien sorgte an der Elbe für steigende Pegelstände.
In Niedersachsen und Bremen führten ebenfalls einige Flüsse Hochwasser, die Lage blieb zunächst aber entspannt. Einige landwirtschaftliche Flächen waren überschwemmt, mehrere Landstraßen gesperrt. Auch in Hessen waren kleinere Straßen gesperrt und Keller vollgelaufen. Größere Probleme gab es zunächst nicht. Allerdings wurde ein weiteres Ansteigen des Mains erwartet.