Karneval Hoppeditz: „Verbale Ohrfeigen verteile ich gern“
Weil der 11.11. heute auf einen Samstag fällt, rufen die Karnevalisten noch ein bisschen lauter „Jeck erst recht“. Wir sprachen in aller Herrgottsfrühe mit Hoppeditz Tom Bauer.
Düsseldorf. Lieber Hoppeditz, in wenigen Stunden werden Sie aus dem Senftopf krabbeln und zu Ihren Anhängern sprechen. Sind Sie denn überhaupt schon wach?
Hoppeditz: Es ist früh am Morgen und da steckt mir der lange Schlaf noch ein wenig in den Knochen. Aber die Rede steht — und ich freue mich auf das närrische Treiben vor dem Düsseldorfer Rathaus.
Im vorigen Jahr titelten die Blätter „Themennot vorm 11.11.“. Wie sieht es heute aus?
Hoppeditz: Die Themennot bezieht sich mehr auf regionale Ereignisse, speziell die in Düsseldorf. Wir Düsseldorfer haben das große Glück, in einer Stadt zu leben, in der vieles richtig gemacht wird. Von daher wiederholen sich Streitthemen quasi jährlich — wie etwa fehlender Wohnungsbau, politischer Fraktionsknatsch, marode Schulen etc. Darauf jedes Jahr aufs Neue hinzuweisen, ist langweilig und macht das Finden neuer Themen, die zu einer launigen Hoppeditzrede passen, manchmal recht schwierig.
Dabei wollen Sie ja nicht nur ein plumper Spaßmacher sein, sondern einer, der das Welt- und (Düssel-)Dorf-Geschehen scharf wie Löwensenf seziert. Kann sich der Hoppeditz denn noch toppen?
Hoppeditz: Sich jedes Jahr zu toppen, ist nicht mein Ziel, allein die Themenvielfalt macht vieles möglich oder eben nicht — wie letztes Jahr etwa mit Trump. Insofern bin ich, was die Inhalte meiner Rede angeht, Passagier dessen, was aktuell passiert ist. Aber jedes Jahr aus den gegebenen Möglichkeiten die eine oder andere Überraschung hervorzubringen, das ist sicher ein erklärtes Ziel, das heute auch gelingen wird.
Sie sind jetzt in der Session 2017/18 jecke elf Jahre im Dienst. Gab es diesen unvergesslichen Gänsehautmoment?
Hoppeditz: Natürlich wird der erste Auftritt 2007 mit unserem verstorbenen Oberbürgermeister Jochen Erwin als Gegenüber ein unvergesslicher Moment bleiben.
Was sind heute die Top-Themen Ihrer Rede?
Hoppeditz: Die Politik regional und überregional inklusive Wahlen, der Karneval, das Aus von Center TV, Fortuna Düsseldorf und die Toleranz.
Eine kleine Kostprobe, bitte . . .
Hoppeditz: Danke!
Ist es noch nicht 11.11 Uhr? Na gut, versuchen wir es anders. Auf wem hacken Sie besonders gern herum?
Hoppeditz: Ich habe niemanden Spezielles im Visier, aber natürlich sind mögliche Unzulänglichkeiten und Verfehlungen unserer Politiker mein Lieblingsthema. Ähnlich verhält es sich mit unserer Nachbarstadt. Wie immer fällt mir leider gerade der Name nicht ein. Liegt auf jeden Fall am Rhein und versucht vergebens, gelbes Altbier zu brauen.
Humor ist eine Sache für sich, regional durchaus sehr unterschiedlich. Worüber lacht der Düsseldorfer?
Hoppeditz: Den Düsseldorfer zeichnet unter anderem seine Weltoffenheit, aber auch die Liebe zur Region im Besonderen aus. So verhält es sich auch mit dem Humor: Es darf international, aber auch heimisch sein.
Haben Sie Angst, sich zu blamieren, wenn Sie die breite Masse nicht erreichen?
Hoppeditz: Es gibt dazu ein schönes, sicher schon häufig gehörtes Zitat von Arthur Lassen — nämlich „Blamiere dich täglich“. Das ist schon seit vielen Jahren eine meiner Maxime, denn mit der Gewissheit, dass tägliches Blamieren etwas Normales ist, sinkt die Hemmschwelle, Dinge zu sagen oder zu tun, die man sonst mit der Angst vor der Blamage unterdrücken würde. Und genau das ist es doch, was die Rolle des Hoppeditz, aber auch unser ganzes Leben ausmachen sollte: Dinge auszusprechen, die einen bewegen und berühren! Denn wie viel würde sonst aus Angst vor der Blamage gar nicht erst gesagt oder ausprobiert werden.
Hilft es, dass Sie mit Jürgen Hilger-Höltgen einen Ghostwriter haben?
Hoppeditz: Nun gut, bei allen meinen Redenschreibern war „Ghost“ ja nicht wirklich ein Thema, sondern sie alle waren bekannt, präsent, offen kommuniziert, greifbar und immer Teil eines Teams. Der Vorteil eines Teams ist ja, dass verschiedene Ansichten, Vorgehensweisen, Formulierungen und Ideen nachher ein Ganzes ergeben. Das war mir bei jedem der bisherigen Redenschreiber wichtig und ist es mir bei Jürgen Hilger-Höltgen noch immer. Sicher ist aber auch, Jürgen Hilger-Höltgen und ich sind ein Team, das sich blind versteht und in eine gemeinsame Richtung denkt, ohne es immer auszusprechen — und das macht die Arbeit einfacher als manche Jahre zuvor.
Würden Sie sich mehr Durchschlagskraft wünschen?
Hoppeditz: Die Forderung nach mehr Durchschlagskraft einer Hoppeditzrede empfände ich als zu vermessen. Schlussendlich ist es ein Laienschauspiel, das den Menschen Spaß bereiten, sie zum Nachdenken und zum Lachen bringen soll. Nicht mehr und nicht weniger.
Wie viel Humor hat der OB Thomas Geisel?
Hoppeditz: Der Oberbürgermeister versteht jede Menge Spaß und kann nicht nur über andere, sondern auch sich selbst lachen. Das macht ihn mir sympathisch.
Sie werden der „Obrigkeit“ erneut in Reimform den Spiegel vorhalten. Gewinnt die Rede so an Fahrt oder passt das Schema einfach generell besser zum rheinischen Singsang?
Hoppeditz: Die Reimform gehört zur Tradition der Hoppeditzrede. Ich finde, man muss nicht alles auf Teufel komm raus dem Zeitgeist anpassen. Natürlich ist eine Aussage als Reim etwas schwieriger im Ausdruck und nicht immer so schnell auf dem Punkt, aber sie hat auch die Möglichkeit, manch böse Aussage charmanter zu verpacken. Ich denke, wir tun gut daran, an gewissen Traditionen festzuhalten, gerade im Brauchtum.
Ich versuch’s noch mal: Verraten Sie uns einen bösen Kinnhaken, den Sie austeilen werden?
Hoppeditz: Ach, was heißt böser Kinnhaken . . . Ich bin doch ein ganz charmanter Bursche, verbale Ohrfeigen verteile ich da lieber.
Gibt es eine Gürtellinie?
Hoppeditz: Sicher gibt es die, und zwar für mich immer dann, wenn es persönlich wird. Wir zelebrieren auf dem Markt ein Schauspiel, nämlich Hoppeditz gegen Oberbürgermeister, das sollte man sich immer vor Augen halten.
Studieren Sie Ihre Rede vor dem Spiegel ein?
Hoppeditz: Nein. Gestik und Mimik kommen intuitiv und situativ. Ganz ehrlich? Seit es das oberste Ziel ist, eine tagesaktuelle Rede zu halten, die im Wesentlichen erst am Tag vor dem 11.11. wirklich fertig ist, ist es gar nicht mehr möglich, die Rede einzustudieren.
Was ist Ihr Ding? Leise Ironie oder zynisch-überdrehter Humor?
Hoppeditz: Das ist wie so vieles im Leben. Es kommt auf die Situation an, mal leise und auch mal überdreht.
Können Sie einen Witz erzählen?
Hoppeditz: Fragt der Patient: „Herr Doktor, wie lange habe ich noch zu leben?“ Sagt der Arzt: „Zehn.“ Der Patient hakt nach: „Wie zehn? Zehn Monate, Wochen oder Tage?“ Der Doktor: „Neun . . .“
Ach, herrje! Fies. Apropos: Köln ist neidisch auf Wagenbauer Jacques Tilly, vom Hoppeditzerwachen haben die Kölner noch nie gehört. Oder gab es schon Anfragen?
Hoppeditz: Nein. Die gab es nicht und das ist auch gut so. Der Karneval lebt doch von seiner Vielfalt. Wir haben den leibhaftigen Hoppeditz und den großartigen, weltbekannten Jacques Tilly. Köln hat dafür ein Wunder — nämlich eine männliche Jungfrau. Herz, was willst du mehr!
Werden Sie denn heute nach getaner Arbeit auch ein Alt trinken oder ist der Hoppeditz ein Schmalhans?
Hoppeditz: Der Hoppeditz ist kein Schmalhans. Er wird ein oder zwei Alt trinken, bevorzugt jedoch einen deutschen Wein oder alternativ eine Schorle.