Horror-Gefängnis in Brasilien: 59 Morde in einem Jahr
São Luís (dpa) - Wer im Gefängnis Pedrinhas im Nordosten Brasiliens im armen Bundesstaat Maranhão seine Strafe absitzt, der muss um sein Leben fürchten.
Rivalisierende Gangs haben faktisch die Kontrolle über die Haftanstalt, und die verteidigen sie mit extremer Gewalt, wie ein Bericht des Nationalen Justizrates (CNJ) diese Woche feststellte. Hinter den Gefängnismauern wurden in diesem Jahr mindestens 59 Gefangene ermordet. Immer wieder kommt es zu Revolten und Kämpfen zwischen verschiedenen Banden. „Es ist das Gefängnis mit der höchsten Zahl von Todesopfern im Land“, sagte CNJ-Richter Luiz Douglas Martins.
Am Samstag rückten Sondertruppen der militarisierten Polizei in das Gefängnis ein. Sie sollen dort für 90 Tage bleiben und die Sicherheit wieder herstellen. Kommandant Ivaldo Barbosa machte den Gefangenen zum Auftakt eine klare Ansage: „Wenn es irgendein Problem gibt, irgendeine Undiszipliniertheit, dann werden wir mit Sicherheit reagieren. Sie (die Häftlinge) sind verantwortlich für die Konsequenzen ihres Handelns.“
Das Gefängnis ist dem CNJ-Bericht zufolge überbelegt. Statt 1700 Insassen sind mindestens 2200 Gefangene dort untergebracht. Selbst die Menschenrechtskommission der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) wurde auf die Situation aufmerksam und bat die brasilianische Regierung, Vorkehrungen zu treffen, damit die Gewalt in Pedrinhas aufhört. Allein vorige Woche wurden dort sieben Insassen ermordet. Im Oktober kamen bei Kämpfen zwischen rivalisierenden Gangs mindestens zwölf Insassen ums Leben.
Die Gangs - zumindest deren Chefs - verfügen über ausreichend Geld und Waffen. Auch Drogen werden in den Knast eingeschmuggelt und Wärter dafür bestochen. „Die Morde werden mit extremer Gewalt vollzogen, einige Insassen wurden sogar geköpft. Die Situation ist noch völlig außer Kontrolle“, bestätigte Richter Martins.
Der Justizrat erhielt auch Hinweise auf sexuellen Missbrauch. Frauen und Schwestern von Insassen seien hinter den Gefängnismauern vergewaltigt worden, berichteten Angehörige. Im Gegenzug hätten die betroffenen Gefangenen Schutz für ihr Leben erhalten oder ihnen seien Schulden erlassen worden.
Die Mutter eines Häftlings erzählte dem Sender Globo, dass ihr Sohn seine Frau habe zur Verfügung stellen müssen, um nicht zu sterben. „Wenn sie kam, dann wurde er in Frieden gelassen. Aber wenn sie nicht kam, dann hat er mir erzählt, dass er sehr leiden müsse, und er keine Ahnung habe, was mit ihm da drin passiert.“