Noch keine heiße Spur Hunderte Hinweise auf Supermarkterpresser
Konstanz/Friedrichshafen (dpa) - Noch kein Durchbruch, aber viele Hinweise auf den Täter: Rund 1000 Anrufe und 200 E-Mails sind bis Freitagnachmittag zu dem Polizeigroßeinsatz wegen vergifteter Lebensmittel in Friedrichshafen am Bodensee eingegangen.
Etwa 200 Hinweise bezogen sich auf die gesuchte Person. Das teilten die Staatsanwaltschaft und die Polizei in Konstanz mit.
„Bislang zeichnet sich jedoch noch keine heiße Spur ab, weshalb die Ermittlungsbehörden nach wie vor auf die Mithilfe der Bevölkerung bei der Fahndung nach dem mutmaßlichen Giftausbringer setzen“, erklärten Oberstaatsanwalt Alexander Boger und Polizeivizepräsident Uwe Stürmer.
Das Callcenter des Polizeipräsidiums Konstanz mit einem Dutzend Mitarbeitern bleibt daher rund um die Uhr besetzt. Am Donnerstag hatte die Polizei Fahndungsbilder eines dringend tatverdächtigen Mannes in einem Supermarkt veröffentlicht.
Die bisherigen Hinweise aus der Bevölkerung seien von recht unterschiedlicher Qualität, sagte der Sprecher des Polizeipräsidiums Konstanz, Markus Sauter. „Es ist alles dabei - von konkreten Hinweisen auf bestimmte Personen bis hin zu Anrufern, die meinen, die Person auf dem Fahndungsfoto vielleicht schon mal irgendwo gesehen zu haben.“ Die 220 Ermittler der Sonderkommission „Apfel“ würden die Hinweise „akribisch“ auswerten und zunächst bestimmen, „welche davon Priorität haben und welche in die Warteschleife kommen“.
Der Tatverdächtige soll mit der erneuten Platzierung von vergifteten Lebensmitteln in Supermärkten und Drogerien gedroht haben, um eine zweistellige Millionensumme zu erpressen. Mitte September waren fünf vergiftete Gläschen mit Babynahrung in Friedrichshafen entdeckt worden. Gefahndet wird nach dem Erpresser auch im Ausland, vor allem in Österreich und der Schweiz.
Die Polizei fürchtet weitere Taten. „Wir können nicht ausschließen, dass der Erpresser über das Wochenende erneut vergiftete Lebensmittel ausbringt“, sagte Pressesprecher Jens Purath am Freitag im ZDF-„Morgenmagazin“. Dies sei der Grund gewesen, dass die Polizei das Thema publik gemacht habe.
Die Polizei geht aktuell davon aus, alle bisher vergifteten Gläser entdeckt zu haben. Das Gift Ethylenglycol sei in die Babynahrung eingerührt worden, hieß es von der Polizei. Beim Verzehr drohten „sehr ernsthafte Gesundheitsgefahren bis hin zum Tod“. Die Drohung des unbekannten Erpressers umfasse aber nicht nur Babynahrung. Er habe gedroht, 20 verschiedene Lebensmittel zu vergiften.
Supermärkte und Geschäfte in der gesamten Region erklärten lokalen Medienberichten zufolge, dass sie ihre Bestände angesichts dieser Drohung genauestens prüfen. Zur Frage, ob jemand in Erwägung ziehe, die geforderte Millionensumme zu bezahlen, machte die Polizei keine Angaben.
Es gebe aber keinen Grund zur Panik, erklärten Polizeisprecher. Friedrichshafens Oberbürgermeister Andreas Brand sagte: „Ich kann nur alle dazu aufrufen, besonnen zu bleiben und jetzt besonders aufmerksam und vorsichtig zu sein. Bei einem Verdacht sollte jeder von uns sofort die Polizei informieren und sie bei den Ermittlungen unterstützen.“
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg riet zur Wachsamkeit beim Einkauf: Eine Beschädigung der Verpackungen oder fehlender Unterdruck, insbesondere bei Gläsern mit Schraubverschluss - erkennbar am fehlenden Knackgeräusch beim Öffnen - könnten Hinweise auf Manipulationen sein, erklärte der Sprecher der Zentrale.