„Hurra, hurra, der Keks ist wieder da!“
Hannover (dpa) - Als der goldene Keks per Hebebühne zur Fassade am Stammsitz des Gebäckherstellers schwebt, runzelt Firmenchef Werner Bahlsen kurz die Stirn. Vor ihm schließt sich am Donnerstag das wohl letzte Kapitel eines Abenteuers, das er sich so nie träumen ließ.
Im Januar wurde aus luftiger Höhe vom Stammsitz das Wahrzeichen des Unternehmens gestohlen. Bekennerschreiben eines Krümelmonsters bescherten der Firma einen ungeahnten Medienrummel samt sattem Werbeeffekt, der vermutlich nur in Gold aufzuwiegen wäre.
Werner Bahlsen macht daraus keinen Hehl, betont aber, dass er zeitweise auch Angst vor einer Wende ins Negative hatte. „Wir haben schon ein bisschen aufgepasst, dass das nicht kippt. Weil das ja so eine Mischung war aus Kriminalaktion und PR und Robin Hood und so. Und wir sind ganz froh, dass es gelungen ist, das positiv zu halten.“
Nach einer Berechnung des Fachmagazins „Markt und Mittelstand“ („FAZ“-Verlagsgruppe) und der Landau Media AG hat sich der Keks-Krimi für die Gebäckfabrik kräftig rentiert. Rund 600 Mal sei die Marke in den Tagen des Keks-Kidnappings Ende Januar und Anfang Februar in den redaktionellen Teilen der deutschen Zeitungen aufgetaucht. Im Vorjahr seien es im gleichen Zeitraum nur 22 Fundstellen gewesen. Den Gegenwert der Medienberichte beziffert die Studie mit mindestens 1,7 Millionen Euro. Und die zahlreichen Berichte aus dem Ausland oder die Welle in den Online-Medien sind darin noch gar nicht enthalten.
Die Geschichte um den Keks-Klau ist auch ein Paradebeispiel für die Reflexe der Medien. Ein Betrieb mit bekannten Produkten, eine ratlose Polizei und obendrein auch noch die angebliche Rolle der plüschigen Sympathieträgerfigur aus der „Sesamstraße“ - ein gefundenes Fressen.
Werner Bahlsen schaut zum goldenen Keks, der in etwa sechs Metern Höhe wieder in das Bäckersymbol, die Brezel, eingehängt wird. Ob er noch eine Botschaft an den Dieb, das mysteriöse Krümelmonster habe? „Nee, mit dem haben wir nichts zu tun. Wir wollen das auch nicht ermutigen, hier noch einmal irgendwelche Geschichten zu machen.“
Eine Kamera bewacht den 50 mal 40 Zentimeter großen, mit Blattgold verzierten Keks fortan. Sollte er sich aus dem Bild bewegen, schlägt ein Sensor Alarm, sagt Pressesprecher Christian Bahlmann. Das Wahrzeichen hängt direkt an der Podbielskistraße, einer der zentralen Ausfallstraßen in der niedersächsischen Landeshauptstadt.
Im Februar war der Keks am Hals des Pferdedenkmals vor der Uni in Hannover wieder aufgetaucht, leicht lädiert und verziert mit einer roten Schleife. Bahlsen spendete, wie vom „Krümelmonster“ gefordert, Kekse an gemeinnützige Einrichtungen. Restaurator Lothar Rieke hat sich des zurückgegebenen Kekses angenommen. „Er hatte Abriebstellen und er war vor allen Dingen komplett gestaucht, also er hatte eine ordentliche Biegung“, berichtet der Gussfachmann. „Mit Presse und Stahlrahmen konnte man das ziemlich einfach wieder herrichten.“
Der Keksfabrikant schaut noch einmal nach oben. Die Polizei hat für die Hebebühne einen Straßenteil gesperrt. Rund 100 Menschen wohnen dem Spektakel bei. Bahlsen rätselt, wie der Dieb zuschlug: „Nein, mit einer Leiter - das hat mir der Hubwagenmensch gerade noch einmal gesagt - geht das nicht. Das ist zu hoch. Ich habe keine Ahnung.“ Eines der Kamerateams filmt das Montieren für Japans Fernsehen - der Keks geht um die Welt. Ein Autofahrer fährt vorbei und brüllt aus dem Fenster: „Hurra, hurra, der Keks ist wieder da!“