„Ich bin ein Comedy-Darwinist“
Michael Mittermeier macht sich seit 20 Jahren auf der Bühne lustig, hat aber gerade gemerkt, wo die Grenze ist.
Herr Mittermeier, stimmt die Legende, dass Ihre Bühnenkarriere 1987 anfing, als Sie bei einem Konzert der Popgruppe U2 auf die Bühne durften und Frontmann Bono Ihnen seine Gitarre in die Hand drückte?
Mittermeier: Im Grunde hat natürlich alles früher begonnen, ich habe schon als Zehnjähriger Theater gespielt und Karl-Valentin-Abende gemacht. Aber erst nach dem U2-Auftritt wusste ich: Es geht nicht anders, ich kann nicht normal arbeiten und nur nebenher Künstler sein. Wenn du da auf der Bühne vor zigtausend Leuten stehst, da spürst du eine wahnsinnige Energie. In all den Jahren danach, wenn es mal hart war, habe ich immer an diesen Abend gedacht und gewusst, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe.
Die Welt ist heute viel schnelllebiger als in Ihrer Anfangszeit, als es noch kein Internet gab und das Privatfernsehen in den Kinderschuhen steckte.
Mittermeier: Ich war immer ein Comedy-Darwinist: Wenn du gut bist, setzt du dich auch durch. Es ist heute nicht schwieriger als früher, nur anders. Vor allem ist die Szene anders geworden, damals gab es ja gar keine TV-Sendungen, in die man als Kleinkünstler eingeladen wurde. Heute hat man durch das Privatfernsehen einfach ein Forum. Und einer, der drei lustige Sätze sprechen kann, hat schon einen Manager und meist auch eine Fernsehsendung.
Sie selber haben aber keine eigene Show - wollen Sie keine?
Mittermeier: Nein, das ist nicht mein Begehr. Wenn man in Serie geht, muss man meistens Kompromisse eingehen, und das mag ich nicht. Ich bin gerne live auf Tour, das ist mein Hauptgeschäft, und ich mache Specials wie jetzt die Jubiläumsshow, in der ich ja aber eigentlich nur dasitze und mich überraschen lasse.
Lachen die Leute heute über andere Sachen als früher?
Mittermeier: Nicht grundsätzlich. Eigentlich interessiert mich der Zeitgeist auch nicht, ich habe immer das gemacht, was ich gerade für das Richtige hielt, und das hat meistens funktioniert. Meistens hatte ich ein Thema, bevor es alle anderen hatten. Als ich damals in meinem Programm "Zapped" mit dem Thema Fernsehen und Fernsehwerbung kam, haben mich viele gewarnt, dass das nicht funktionieren würde. Und siehe da, danach hat plötzlich jeder zweite Comedian solche Werbenummern gemacht.
Haben sich die Tabugrenzen geändert? Sie haben unlängst mit Katzenwitzen offenbar ein Tabu gebrochen.
Mittermeier: Ich habe in 20 Jahren eigentlich keinen großen Skandal gehabt bis auf die Sache jetzt mit der Katze. Ich habe seit vier Jahren selbst eine Katze, ich setze mich für Unicef ein, ich fahre mit Bono und Bob Geldof auf Benefizkonzerte - und jetzt wird mir vorgeworfen, dass ich zur Tierquälerei aufrufe. Das ist Schwachsinn. Aber die paar hundert besonders intoleranten Leute, die sich da aufgeregt haben, haben einfach zu viel Aufmerksamkeit bekommen. Wenn die Boulevardpresse nicht so eine große Sache daraus gemacht hätte, hätte das nach einer Woche keine Sau mehr interessiert.
Persönlich: Michael Mittermeier wurde am 3. April 1966 im oberbayerischen Dorfen geboren. Er studierte Amerikanistik in München. Seit neun Jahren ist er verheiratet mit der Physikerin und Sängerin Gudrun Allwang, Künstlername Somersault. Das Paar erwartet in Kürze sein erstes Kind.
Beruflich: Seine Initialzündung auf der Bühne hatte der Oberbayer, als er 1987 einige Gitarren-Takte mit dem Frontmann Bono der Band U2 spielte. Mittermeier füllt seit den 90er Jahren die Hallen mit seinen Bühnenprogrammen, seine jüngste Produktion "Safari" hatte im Oktober in München Premiere.