Immer wieder: Feuerwehrmänner zündeln, um ein Held zu sein

Warum werden Feuerwehrmänner zu Brandstiftern? Psychologen sprechen von Frust und Geltungssucht. Jetzt gibt es in Wuppertal wieder einen aktuellen Fall.

<strong>Wuppertal. 24 Helfer schieben im beschaulichen Beyenburg im Wuppertaler Osten Dienst bei der Freiwilligen Feuerwehr. Mittwochnacht brannte es mal wieder: Ein leerstehendes Bahnhofsgebäude stand in Flammen. Zuletzt hatte es in der Gegend immer häufiger gebrannt. Ein 30 Jahre alter, vierfacher Familienvater aus der Truppe löschte jedes Mal fleißig mit. Seit Freitag steht fest: Er selbst hat das Feuer gelegt. Das hat er jedenfalls gegenüber der Kripo gestanden. Am Nachmittag standen er und ein mutmaßlicher Komplize (19) vor dem Haftrichter, bleiben gegen Auflagen aber von der U-Haft verschont.

Zwei Solinger Wehrleute richteten einen Millionen-Schaden an

Kein Einzelfall: Monatelang suchte die Polizei in Solingen nach den Feuerteufeln, die 17 Brände legten und dabei einen Schaden von 3,2 Millionen Euro anrichteten. Am Ende stellte sich heraus: Es waren zwei Feuerwehrmänner. "Es war wohl eine Art Feuer-Geilheit", sagte später einer der beiden 20 und 21 Jahre alten Männer. Und: "Wir erhofften uns endlich mehr Brandeinsätze." Auch im aktuellen Wuppertaler Fall ging es darum, häufiger im Einsatz zu sein. Immer wieder werden jene, die Feuer löschen und Menschen vor ihnen schützen sollen, selbst zu Feuerteufeln. Was steckt dahinter? Geltungssucht, Langeweile, Pyromanie? Wolfgang Retz ist Psychologieprofessor an der Universität des Saarlandes und wird regelmäßig als Gutachter geladen, wenn es darum geht, die Schuldfähigkeit zündelnder Feuerwehrmänner zu klären. Von einem festen Täterprofil möchte Retz nicht sprechen, aber von einem Muster, das sich in vielen Fällen wiederholt: "Es sind häufig junge Männer, die enttäuschende soziale Beziehungen erlebt haben. Viele sind frustriert, haben nicht die besten Zukunftsaussichten und ein starkes Bedürfnis, etwas darzustellen."

Dass es diese Männer zur Feuerwehr zieht, ist für Retz kein Zufall: "Die Feuerwehr bietet eine Form von Gemeinschaft, die diese Männer fasziniert. Dabei spielt auch die Uniform eine Rolle. Zum einen ist sie ein starkes Symbol für Zusammengehörigkeit, zum anderen aber auch ein Statussymbol nach außen."

Oft werden die Brände mit der Zeit gewaltiger, aus Heuballen werden Scheunen, aus Scheunen Wohnhäuser. "Wenn die Hemmschwelle schon gesunken ist, soll die Heldentat größer werden. Manche träumen davon, Tiere oder Menschen zu retten", sagt Professor Retz.

Dabei seien sich die Täter meist bewusst, wie gefährlich diese Brände sind, könnten sich aber gegen ihr Geltungsbedürfnis nicht zur Wehr setzen. Retz: "Manche haben mir gesagt, dass sie froh sind, aufgeflogen zu sein. Dass es irgendwann mal aufhören musste."

Die Solinger Brandstifter sitzen mittlerweile Haftstrafen von mehr als vier Jahren ab. Sie müssen für den Millionenschaden aufkommen, werden bis an ihr Lebensende verschuldet sein. Die Wuppertaler Wehrmänner wurden vom Dienst suspendiert.