Legende: Maria Callas - Die griechische Tragödin

Vor 30 Jahren starb Maria Callas im Alter von 53. Der größte Opernstar des 20. Jahrhunderts zehrte sich auf für die Bühne und zerbrach an einer unglücklichen Liebe.

<strong>Düsseldorf. Im so häufig fotografierten und gefilmten Gesicht der Callas drückt sich etwas aus, das sich kaum einem einzigen Charakter zuordnen lässt. Bei ihren Gala-Auftritten scheint es, als seien gegensätzliche Eigenschaften in einer Person vereint. So gehört diese geheimnisvolle Gleichzeitigkeit von Erotik und Unnahbarkeit, animalischer Gebärde und zarter Eleganz, Temperament und Scheu sowie Kraft und Verletzlichkeit zum eigentümlichen Zauber von "La Divina" Callas. Vor 30 Jahren starb die Sängerin, die sich für jede Rolle aufopferte, in Paris. Zur Welt kommt sie am 4. Dezember 1923 mit dem Namen Maria Kalogeropoulos in New York als Tochter griechischer Einwanderer. Marias Kindheit ist nicht gerade von großer elterlicher Zuwendung geprägt. Die Mutter prophezeit ihrer Tochter, die viele Pickel im Gesicht hat, eine Brille trägt und zur Fettleibigkeit neigt, einmal als kinderlose Jungfer zu enden. Aber es gibt auch Dinge, die ihr große Freude bereiten: das in der elterlichen Wohnung stehende Klavier und ein Grammophon mit vielen Schallplatten. Die sich früh entwickelnde starke Liebe zur Musik weckt schon in der Kindheit Marias Bedürfnis, Sängerin zu werden.

Giovanni Battista Meneghini - ein Mann zum Heiraten

Maria leidet immer etwas darunter, dass ihr Vater, der mit großem Eifer eine Apotheke betreibt, nicht das geringste Interesse an der Oper zeigt. 1949 tritt aber ein Mensch in ihr Leben, dem die Oper viel bedeutet und die Kunst der Callas und sie selbst sehr verehrt: der 28 Jahre ältere italienische Großunternehmer Giovanni Battista Meneghini. Ihn heiratet die Callas und nimmt die italienische Staatsbürgerschaft an. Während Meneghini ein feinsinniger Herr ist, verkörpert der griechische Milliardär Aristoteles Onassis, die letzte große Liebe der Callas, den vulgären Typus des Frauenhelden. Die bekannte amerikanische Journalistin Elsa Maxwell bittet er, ohne drum herum zu reden: "Mein größter Wunsch, meine liebe Maxwell, ist es, die Callas zu bumsen. Und Sie sollen mir dabei helfen!"

Aristoteles Onassis - überaus reich und vulgär

Auf seiner luxuriösen Yacht, wohin Onassis neben der Maxwell sowie Winston Churchill und seiner Frau auch Maria Callas und ihren Mann einlädt, kommt es für den reichen Reeder zur ersehnten Nacht mit der Callas. Meneghini durchleidet in den folgenden Tagen und Wochen eine Zeit der Demütigungen, an der Maria Callas erheblichen Anteil haben wird, nicht zuletzt durch ihren Jargon, der Onassis Art an Deftigkeit in nichts nachsteht. Die Beziehung zwischen Callas und Onassis geht in den 60er Jahren durch die internationale Boulevardpresse und sorgt regelmäßig für Schlagzeilen. Eine Medien-Sensation wird die Trennung, als die Kennedy-Witwe Jacqueline für Onassis interessanter wird als Maria Callas. Die tiefe Enttäuschung und der sängerische Karriereknick fallen zeitlich zusammen. Allerdings machen sich stimmliche Schwächen schon Ende der 50er Jahre bemerkbar, so dass ein gnadenloser Perfektionist wie Herbert von Karajan bald nicht mehr mit ihr arbeiten will.

Ihr zorniges Temperament findet einen Widerhall in ihrem Gesang

Die umfangreiche Diskografie dokumentiert Höhen und Tiefen der Karriere. Beim Hören der alten Callas-Schallplatten scheint es, als finde die Mischung aus großer künstlerischer Sensibilität und zornigem Temperament einen Widerhall im Gesang, und die persönliche Verstrickung ins Tragische suche einen akustischen Reflex in der Gestaltung hochdramatischer Rollen.

Die Callas bleibt aber unbeirrbar und sieht eine Zukunft nur darin, an die Erfolge der frühen 50er Jahre anzuknüpfen. Dies soll ihr nie mehr gelingen. Am 16. September 1977 stirbt Maria Callas in ihrer Pariser Wohnung. Ärzten zufolge erliegt sie einem Herzversagen.

Geboren 1923 als Maria Kalogeropoulos in New York. Bereits der Vater lässt den Familiennamen in Callas umändern, damit man ihn leichter aussprechen kann.

Diät 1947 wiegt sie 120 Kilo, vor der Heirat mit Battista Meneghini 1949 macht sie eine erste Abmagerungskur. Noch immer fühlt sie sich zu dick und hungert sich 1951 auf 57 Kilo herunter.

Karriere den ersten großen Erfolg hat die Callas 1947 in Verona mit Ponchiellis "La Gioconda". Den Höhepunkt erreicht sie Mitte der 50er Jahre an der Mailänder Scala mit allen großen Partien des italienischen Fachs, darunter Medea, Norma, Traviata, Tosca, Turandot und Butterfly. Der Karriereknick setzt Ende der 50er Jahre ein.

Schallplatten Für die EMI nimmt sie Opern und Recitals auf, vor allem unter der Leitung von Tuglio Serafin. Ihre "Tosca" unter Victor de Sabata (1953) gilt für viele bis heute als unerreicht.

Beziehungen Nach der zehnjährigen Ehe mit Battista Meneghini beginnt sie 1959 eine Beziehung mit dem griechischen Reeder Aristoteles Onassis (Foto). Wie sich erst kürzlich herausstellte, gebar sie von ihm einen Sohn, der am Tag seiner Geburt starb.

Die Callas über Ruhm . . .

"Wir schuften jahrelang, um bekannt zu werden, und wenn der Ruhm uns irgendwann überall hin folgt, sind wir dazu verdammt, uns ständig seiner würdig zu erweisen!"

. . . und seine Vergänglichkeit, . . .

"Das Publikum klatscht nicht für das, was einmal war."

. . . über Begabung . . .

"Es gibt viele Menschen, die singen können und auch viele, die schreien können. Aber es gibt nur ganz wenige, die beides können."

. . . und ihr Kapital:

"Sie ist das letzte Märchen und die letzte Wirklichkeit, derer ein Zuhörer hofft, teilhaftig zu werden."

lngeborg Bachmann (1926-1973), österreichische Schriftstellerin

"Wir verdanken Ihr viel. Sie hat uns die Tür zu einer terra incognita geöffnet. Es war eine fest verschlossene Tür, hinter der nicht nur große Musik im Schlafe lag, sondern auch die großen Ideen für die angemessene musikalische Interpretation." Montserrat Caballé (*1933), spanische Opernsängerin

"Was an ihr besticht, ist die unvergleichliche Wahrheit des Ausdrucks. Keine Sängerin versteht es wie sie, sich zum durchglühten Objekt eines Gefühls zu machen. Es ehrt die Welt, dass sie sich davor verbeugt und nicht nach Perfektion fragt."

Joachim Kaiser (*1928), deutscher Musikkritiker und Feuilletonpapst