In NRW drohen Brückensperrungen
Gerade im Transitland sind besonders viele Bauwerke marode. Grüne sprechen von „dramatischer Lage“.
Düsseldorf. „Wir müssen in den Erhalt investieren, statt etwas Neues anzufangen.“ Der Vize-Chef der Bundestagsfraktion der Grünen, Oliver Krischer, schlägt einen deutlichen Ton an. Die Ergebnisse der Grünen-Anfrage bei der Bundesregierung zum Zustand der Eisenbahnbrücken in NRW hätten ihn „schockiert“. 1660 der 4369 Brücken weisen umfangreiche Schäden auf. Eine Instandsetzung sei aber noch möglich. 263 weitere Eisenbahnbrücken haben gravierende Schäden und können aus wirtschaftlicher Sicht nicht instand gesetzt werden.
Auch in Düsseldorf, Krefeld und Wuppertal sind zahlreiche Eisenbahnbrücken bei der Überprüfung in Kategorie vier — gravierende Mängel — eingeteilt worden. Auf der Bahnstrecke von Duisburg nach Dortmund gehören etwa die Brücken in Düsseldorf-Benrath, Am Wehrhahn, sowie in Eller und Gerresheim dazu.
„Es gibt zahlreiche Bauwerke, die ihre normale Lebensdauer bereits erreicht haben“, sagte der bahnpolitische Sprecher der Grünen Landtagsfraktion Rolf Beu. Im Schnitt hält eine Brücke rund 100 Jahre durch, bevor über umfangreiche Sanierungen oder einen Abriss nachgedacht werden muss. Krischer und Beu geben zu bedenken, dass NRW als Transitland auch ein weitaus höheres Aufkommen an Personen- und Güterverkehr hat als andere Bundesländer.
Viele Brücken im Land seien für das gesamte Fernnetz der Bahn unverzichtbar. „Die Situation ist dramatisch. Es wird nicht mehr lange dauern, bis es bei den Bahnbrücken zu häufigeren Sperrungen und Beeinträchtigungen kommt“, sagte Beu.
Ein prominentes Beispiel ist die Hohenzollernbrücke in Köln. Erst im März und April kam es dort zu massiven Verzögerungen, da zwei von sechs Gleisen auf der Brücke für vier Wochen gesperrt werden mussten.
Noch schwieriger gestaltet sich die Lage bei der Müngstener Brücke bei Solingen. Das aus dem Jahr 1897 stammende Bauwerk ist derzeit stillgelegt und wird nach Behebung von statischen Schäden voraussichtlich erst im Dezember wieder für den Personenverkehr freigegeben. Die Stadt Remscheid ist derzeit quasi vom Zugverkehr abgeschnitten.
In Krefeld wurden gleich zehn Eisenbahnbrücken in die vierte Kategorie eingeteilt, die meisten davon auf der Strecke zwischen Mönchengladbach und Krefeld-Oppum. Fünf besonders schlecht bewertete Brücken gibt es in Wuppertal — unter anderem in Langerfeld, Barmen und Oberbarmen.
Die durchschnittliche Bewertung der Eisenbahnbrücken in NRW liegt, wenn man die vier Kategorien als Noten nimmt, bei 2,25. Damit hinke das Land deutlich hinter dem Bundesdurchschnitt von 2,06 her, bemängeln die Grünen.
Weitere Beispiele für den kritischen Zustand sehen Krischer und Beu auf der Zugstrecke zwischen Aachen und Mönchengladbach. „Für den Nah- und Güterverkehr ist das eine bedeutende Verbindung. Allein dort sind aber schon elf Brücken so marode, dass eine Instandsetzung nicht mehr wirtschaftlich wäre“, so Beu. Eine Forderung der Grünen: Die Bahn müsse dringend einen Sanierungsplan erstellen.
Sonja Stötzel, Bahn-Sprecherin in NRW, berichtet, dass man stehe in Verhandlungen mit dem Bund über eine neue Verordnung zur Finanzierung der Infrastruktur in den nächsten Jahren.