Jetzt erdbebensicher: Experten restaurieren Jesus-Grab

Jerusalem (dpa) - Antonia Moropoulou setzt bei ihrer Arbeit auf Infrarotkameras, Laserscanner und Radar. Aber der 1,58 Meter großen Frau mit den rötlichen Haaren und dem schwarz-weiß gestreiften Kostüm geht es nicht nur um Daten und Fakten.

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„Ich bin eine Erneuererin und eine Gläubige“, sagt sie und lächelt.

Die Chemieingenieurin ist verantwortlich für die Restaurierung des Ortes, an dem Jesus beerdigt worden und wieder auferstanden sein soll - die Grabkapelle in der Jerusalemer Grabeskirche. Ein Millionenprojekt am Ende eines jahrzehntelangen Streits.

Die Steine der Grabkapelle, die 1810 nach einem Feuer wieder aufgebaut worden war, waren schon lange feucht und porös. Bereits 1947 hatten die damals verantwortlichen Briten den Bau mit Stahlträgern abgestützt. Pilger zündeten allerdings Kerzen auf den Trägern an, die Hitze der Flammen beschädigte die Kapelle zusätzlich. Die Steine bekamen Risse. Der Bau verzog sich.

Doch die zuständigen Kirchen konnten sich über die Renovierung nicht einigen. Die verschachtelte Grabeskirche ist streng aufgeteilt unter den einzelnen Glaubensgemeinschaften. Die griechisch-orthodoxe, die armenisch-orthodoxe und die römisch-katholische Kirche haben etwa das Recht, Messen in der Grabkapelle abzuhalten - die Kopten, die Syrer und die Äthiopier nicht. Die Rivalitäten führten in der Vergangenheit bis hin zu Handgreiflichkeiten. 2008 prügelten sich armenische und griechische Glaubensbrüder in der Kirche.

Im Februar 2015 schloss allerdings die israelische Polizei die Grabkapelle für vier Stunden und verwies auf Sicherheitsprobleme. Ein Gutachten von Experten der Technischen Universität in Athen stellte anschließend fest: Es muss etwas passieren - jetzt.

Drei Millionen Euro soll die zehn Monate dauernde Restaurierung kosten. Ende März sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Je ein Drittel zahlen die Kirchen, knapp 130 000 Euro hat Jordaniens König Abdullah II. gegeben. Jordanien hatte bis 1967 die Jerusalemer Altstadt kontrolliert und ist noch heute etwa zuständig für die Kontrolle des Tempelberges.

Tagsüber wechseln sich Orgelspiel und Gesänge in der Kirche ab. Während am Abend noch Besucher an der Grabkapelle anstehen, beginnen schon die Arbeiter zu messen, zu hämmern und zu sägen. Mehr als 50 Menschen sind an dem kleinen Bau mit der Kuppel tätig, die meisten davon Wissenschaftler, Restauratoren, Archäologen und Ingenieure aus Athen.

Sie versuchen, bereits von außen so viele Informationen über den Bau im Stahlkorsett zu sammeln wie möglich. Eine Infrarotkamera mit Thermometer zeigt feuchte Stellen an. Ein Endoskop macht sichtbar, wo der historische Fels in dem Bau anfängt. Mit einem Laserscanner wurden dreidimensionale Bilder für den Computer erzeugt. Eine Drohne wartet noch auf ihren Einsatz für Einblicke von oben.

„Es ist wie ein kranker Mensch auf dem Operationstisch“, sagt der Patriarch der griechisch-orthodoxen Kirche in Jerusalem, Theophilos III., mit langem grauen Bart und im schwarzem Gewand. „Jeder, der dort arbeitet, ist sehr vorsichtig.“ Entscheidend sei, dass es bei der Kapelle nicht um eine Ausgrabungsstätte gehe. „Es ist nicht nur ein historisches Denkmal. Es ist nicht wie die Akropolis. Es ist ein heiliger Ort.“

Die Arbeiter wollen poröse Steine ersetzen, einen Teil einer Wand komplett austauschen, Risse im Fels mit besonderem Mörtel ausspritzen, Marmorplatten mit Metallstiften fixieren. Das Grab soll künftig auch erdbebensicher sein.

Auch in dem Bau ist sichtbar, wie fragil die Statik ist: In der Kapelle des Engels stützen Gerüststangen mit Holzbrettern die Decke. In einer weiteren Kammer befindet sich eine dem Originalgrab nachempfundene Steinplatte.

Obwohl es keine Ausgrabungsstätte ist, können Wissenschaftler nun das erste Mal seit mehr als 200 Jahren unter diese Grabplatte schauen. Was darunter sein wird? „Ich bin gespannt“, sagt der Franziskaner Vater Athanasius Macora in brauner Kutte. „Dort müssen die Überbleibsel des ursprünglichen Grabes sein, Teile des ursprünglichen Fels.“

Für Moropoulou ist trotz der Stahlträger und Eisenstangen der Zauber des Ortes unverkennbar. Die 63-Jährige sagt: „Wenn man vor dem Grab steht, dann steht man vor sich selbst und vor seiner Verantwortung für die kommenden Generationen.“