Joan Miró: Der Künstler als malender Poet

Hamburg (dpa) - Tanzende Sterne, rotumrandete Sonnen und blaue Mondsicheln: Mit seinen fantasievollen Motiven gehört Joan Miró (1893-1983) zu den beliebtesten Malern des 20. Jahrhunderts.

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Unter dem Titel „Miró. Malerei als Poesie“ steht das Verhältnis des Spaniers zur Literatur und seine Freundschaft zu avantgardistischen Schriftstellern im Mittelpunkt einer Ausstellung im Bucerius Kunstforum in Hamburg. „So wie Miró sich von Texten inspirieren ließ, regten seine Werke Dichter an, darunter André Breton, Wortführer des Surrealismus“, sagte Direktorin Ortrud Westheider.

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Vom 31. Januar bis zum 25. Mai sind rund 80 Werke aus allen Schaffensphasen sowie eine Auswahl seiner Künstlerbücher zu sehen. Vom 13. Juni bis zum 27. September wird die Schau im K20 in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf gezeigt.

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„Ich wusste nicht, wie wichtig Literatur für meinen Großvater war, bis ich in seiner privaten Bibliothek auf Mallorca stand“, sagte sein Enkel, Joan Punyet Miró. 1700 Bücher hatte der katalanische Maler dort versammelt: Werke von Dostojewski, Freud, Jung, Rimbaud, Nietzsche und Goethe. „Miró hat gesagt: Es gibt keinen Unterschied zwischen Malerei und Poesie“, sagte der Enkel.

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Bereits in den frühen Stillleben, die noch stark vom Kubismus geprägt sind, betonte Miró die Bedeutung der Literatur. Die Spannweite seiner literarischen Interessen belegen zwei Werke, die in dem Gemälde „Nord-Süd“ (1917) zu sehen sind: Johann Peter Eckermanns „Gespräche mit Goethe“ und die französische Avantgarde-Zeitschrift „Nord-Sud“. Von 1921 an hielt sich Miró jeweils in Spanien und Paris auf. Dort traf er den Maler André Masson, der zu einem seiner engsten Freunde wurde. Durch ihn lernte Miró zahlreiche Autoren kennen: Michel Leiris, Tristan Tzara, Robert Desnos und andere.

„Nicht der Kontakt zu anderen Malern, sondern der Austausch mit Schriftstellern markierte seinen Neubeginn“, erläuterte Westheider. Miró wendete seine Bildsprache ins Fantastische und Zeichenhafte und gelangte zu einer Auflösung des Raumes und der Gegenstände. Zurück blieben monochrome Farbflächen in Blau und Braun, auf die er schemenhafte Motive setzte, die im perspektivlosen Raum zu schweben scheinen wie „Sterne im Geschlecht von Schnecken“ von 1925.

Eine düstere Stimmung dominierte sein Werk der 1930er Jahre und verlieh seiner Opposition zum Faschismus in Deutschland und Spanien Ausdruck wie in „Rhythmische Figuren“ (1934). Mit den „Konstellationen“, benannt nach den Sternenkarten zur Verortung der Gestirne, entwickelte Miró eine private Kosmologie: Gegen das zerstörerische Chaos in der Welt stellte er ein harmonisches Gleichgewicht der Bildelemente. „Einen Schlüsseltext bildet der Sonnengesang von Franz von Assisi, in dem Miró das Eingebundensein des Menschen in den Kosmos ausgedrückt fand“, sagte Westheider.