Jodie Foster: „In mir steckt kein Funke Wut“

Interview: Jodie Foster spielt im Kino eine schießfreudige Rächerin und fordert, im wahren Leben Waffen zu verbieten.

<strong>Düsseldorf. Frau Foster, ist es Ihnen schwer gefallen, die um sich schießende Erica in "Die Fremde in Dir" zu verkörpern?Foster: Ich mag Dramen. Ich drehe sie gern, und ich schaue sie gern an. Dafür lebe ich. Ich mag den Prozess, der in Gang gesetzt wird, wenn man über eine solche Geschichte nachzudenken beginnt, von ihr besessen wird. Ich spiele starke Frauen. Ich weiß nicht, ob ich jemals eine schwache Frau gespielt habe. Ich finde es nicht so schrecklich interessant. Ehrlich gesagt, wüsste ich auch gar nicht, wie das geht. Sind Sie selbst stark?Foster: Ich glaube, auf gewisse Weise schon. Ich bin nicht sonderlich mutig, aber ich gehe furchtlos an meine Arbeit. Haben Sie durch die Arbeit an diesem Film etwas hinzugelernt?Foster: Ja. Traditionell tun Frauen solche Dinge nicht. Wenn ihnen Missbrauch und Gewalt widerfahren, vergraben sie das in sich. Vielleicht werden sie zu Alkoholikerinnen, misshandeln ihre Kinder oder erschießen ihren Ehemann. Aber sie töten keine Fremden. In Ericas Fußstapfen zu stehen und zu sagen, ich will kein Opfer mehr sein, ich lasse mich nicht zerstören, eher zerstöre ich dich - das war so erstaunlich befriedigend. Ich glaube, dass viele Frauen das nachvollziehen können, wenn sie den Film sehen und diese Macht entdecken, von deren Existenz sie nichts wussten, weil man uns stets das Gegenteil predigt. Inwiefern ist der Film ein Spiegel der amerikanischen Gesellschaft?Foster: Dieser Film kommentiert die sozialen Verhältnisse in einem New York nach dem 11. September. Der Time Square ist wie Disneyland, alles ist wunderschön, und an jeder Ecke steht ein Polizist. Es ist ein sicherer Platz. Aber woher kommt diese unterschwellige Angst, unsere Befürchtung, in jeder Minute könnte etwas Schreckliches geschehen? Angst frisst sich in dich hinein und verwandelt sich schließlich in Wut. Erica hat sich selbst nie für ängstlich gehalten. Und wenn sie schließlich von der Angst berührt wird, stellt sie fest, dass sie sie schon lange in sich trug. Der Film sagt viel über die amerikanische Psyche aus. Wir stellen uns unseren Problemen mit Waffen. Sie sagen, niemand sollte Waffen tragen.Foster: Ja, das ist meine Meinung. Es braucht weniger Energie, eine Pistole abzufeuern als einen Bleistift aufzuheben. Das Tier Mensch ist nicht dazu geschaffen, seine Gefühle zu jeder Zeit hundertprozentig unter Kontrolle zu haben. Diese emotionale Seite macht doch gerade das Schöne an uns Menschen aus. Ich glaube nicht, dass ein Instrument mit einer solchen Macht in die Hände eines fühlenden menschlichen Wesens gehört. Wie halten Sie selbst Ihre Aggressionen im Zaum?Foster: In mir steckt kein Funken Wut. Erica unterdrückt solche Gefühle. Mit der Pistole in der Tasche fühlt sie sich besser. Eine Waffe verändert dein Auftreten, die Art, wie du sprichst und wie du die Welt wahrnimmst. Auf seltsame Weise ermöglicht sie dir, an der Gesellschaft teilzuhaben. Sie nimmt dir die Angst. Andererseits bringt sie dich von der Sekunde an, in der du sie einsteckst, in Situationen, die zu Gewalt führen. Mit einer Waffe nimmt die Schraube der Gewalt ihren Anfang.

Filme und Erfolge

Jodie Foster (44) ist zweifache Oscar-Gewinnerin und gehört als Schauspielerin, Regisseurin und Produzentin zur ersten Garde Hollywoods. Vor der Kamera macht sich die zweifache Mutter rar, sie dreht nur einen Film pro Jahr.

Ihr Thrillerdrama "Die Fremde in Dir" läuft heute in den Kinos an. Darin spielt sie die Radiomoderatorin Erica Bain, die nach einem traumatischen Gewalterlebnis New Yorks Ganoven reihenweise mit der Pistole dezimiert.