Johanna Quaas: Mit 87 Jahren fit auf dem Barren
Johanna Quaas ist die älteste Wettkampfturnerin der Welt. Sie turnt, tanzt und macht Gymnastik — am Dienstag hat sie Geburtstag.
Halle. Der Barren ist immer noch ihr Lieblingsgerät. Und der Terminkalender von Johanna Quaas gleicht dem eines Managers, Pausen gönnt sich die quirlige Frau aus Halle in Sachsen-Anhalt kaum. In der jüngsten Ausgabe des Guinness-Buches der Rekorde steht sie als älteste Wettkampfturnerin der Welt — und wird am Dienstag 87 Jahre alt.
Kaum eine Sportart gibt es, für die sie sich nicht begeistert, erzählt Quaas, als sie gerade vom Hot-Gym-Kurs kommt. Dabei holt sie ihr durchgeschwitztes T-Shirt aus der Sporttasche und wirft es in die Waschmaschine.
Ganzkörpertraining im 40 Grad heißen Raum — was manchen jungen Menschen allein bei der Vorstellung zaudern lässt, meistert die leidenschaftliche Sportlerin locker. Ebenso „Aroha“: „Das ist ursprünglich ein australischer Kriegstanz, gut für die Kondition, die brauche ich fürs Turnen.“
Bei der Präsentation des neuen Guinness-Buches der Rekorde im September in London sei sie entspannt gewesen, sagt die rüstige Seniorin. Am Barren sich aus dem Schwung in den Handstand zu drücken, war für sie kein Problem, Rad schlagen am Boden ein Klacks, und auf dem Schwebebalken kennt sie bis heute keine Angst.
Mal auf Sport zu verzichten, ist für sie ein Unding. Selbst nach einer schweren Operation war Quaas vier Wochen später wieder in der Sporthalle. „Am liebsten würde ich für die, die faul sind, Bettgymnastik erfinden“, sagt sie und demonstriert es sogleich: „Auch im Bett kann man Übungen machen, den Bauch anspannen, die Füße bewegen und Arme strecken.“
Turnen wollte sie schon immer. „Das verlangt einem alles ab, man muss Kraft haben, geschmeidig sein und Mut haben, manches zu überwinden“, schwärmt sie. Wäre es nach ihrem Vater gegangen, wäre sie Sekretärin geworden. „Für mich kam aber nur Sport infrage“, sagt Quaas. „Immer in Bewegung bleiben und raus ins Freie“, das gibt sie Jüngeren als Patentrezept mit auf den Weg.
Weltweit hat die 1,52 Meter kleine Frau eine riesige Fangemeinde. Zum Medienstar wurde sie durch ein Internet-Video, in dem sie bei einem Wettkampf, beim „Turnier der Meister“ in Cottbus durch ihre Professionalität am Barren Menschen aller Altersgruppen faszinierte. Millionfach wurde das Video schon angeklickt. Ob Zeitungen in China, Kamerateams aus Brasilien, der Türkei, Italien, England oder Amerika: Die Turnerin wurde zum Medienstar.
Trotz ihrer Erfolge — mit neun Jahren hatte sie 1934 ihren ersten Wettkampf als Turnerin — ist die studierte Sportlehrerin, Sportlehrerausbilderin und Trainerin bodenständig geblieben. Seit 2000 hat sie elfmal die Deutschen Seniorenmeisterschaften gewonnen. Weil sie in Südtirol die Berge hochgekraxelt ist, konnte sie in diesem Jahr nicht teilnehmen.