Johannes Heesters: „Genießen wir lieber das Leben“

Johannes Heesters wird sagenhafte 105 Jahre alt und steht an seinem Jubeltag natürlich auf der Bühne.

Hamburg. Er wird wohl tun, was er sein Leben lang am liebsten gemacht hat: schauspielern und singen. Und kokett wird er sein, wie er es schon ein Leben lang ist. "Ich bin doch keine 100 mehr. Wie lange muss ich hier noch stehen?", wird Johannes Heesters morgen Abend auf der Bühne des Winterhuder Fährhaus in Hamburg als Kaiser Franz Joseph "Im Weißen Rössl" schimpfen.

So sieht es seine Rolle in Ralf Benatzkis Singspiel vor. Und vielleicht wird einer der gut 500 Zuschauer in diesem Moment ein Ständchen anstimmen, denn "Jopie" Heesters wird Freitag schier unglaubliche 105 Jahre alt.

Doch der älteste aktive Schauspieler der Welt hat natürlich längst die 110 im Blick und den Terminkalender voller Pläne. Tatsächlich ist er wohl so lebenslustig wie der Graf Danilo aus der "Lustigen Witwe" ("meine Lebensgefährtin").

Rund 1600 Mal sang er in seiner Paraderolle "Heut geh’ ich ins Maxim". Dass manche Leute sagen, "Ach Gott, der lebt ja noch!", weiß Heesters auch. Er kann darüber schmunzeln.

Rückschläge steckt er erstaunlich gut weg. Beim vergangenen Jahreswechsel stürzte er in seinem Tiroler Feriendomizil unglücklich, musste mit Rippenbrüchen über eine Feuerwehrleiter ins Krankenhaus gebracht werden. Aber: "Heesters singt schon wieder!", hieß es bereits am nächsten Tag in der Innsbrucker Universitätsklinik.

Heesters nährt seinen Ruf als "der Unsterbliche" wohl auch, weil er sich trotz seines Alters immer neue Ziele setzt. Das Konzert in seiner Geburtsstadt Amersfoort war so eins: Erstmals seit fast einem halben Jahrhundert durfte er im Februar in seiner niederländischen Heimat auftreten - und wurde bejubelt.

Im Nachbarland hatten sie ihm seine Karriere im Nazi-Deutschland lange übel genommen. Die genauen Umstände seines Besuchs 1941 im KZ Dachau beschäftigen derzeit das Berliner Landgericht: Heesters geht dort gegen einen Publizisten vor, der behauptet, er sei dort vor SS-Mannschaften aufgetreten.

Sein erstes Geld mit der Kunst verdiente Heesters, der vor der Bühnenausbildung eine Banklehre gemacht hatte, in den Niederlanden. Richtig populär wurde er aber in Deutschland: 1935 debütierte er in Berlin am Theater, 1936 drehte er mit Marika Röck "Der Bettelstudent".

Heesters hier, Heesters da, heißt es bis heute. Am 13. Dezember soll er im ZDF bei "Wetten, dass?" dabei sein. Scheucht ihn seine deutlich jüngere Frau Simone (59) zu solchen Auftritten, wie böse Zungen behaupten? Der Schauspieler widerspricht: "Soll ich zu Hause sitzen und warten, bis man mich holt? Ohne Arbeit würde ich richtig krank werden."

Der fast blinde und nicht mehr gut hörende Heesters muss zwar von seiner Frau gestützt und zur Bühne geführt werden. Doch wenn er sein Klavier erreicht hat, ist er in seinem Element. Die Stimme ist noch immer erstaunlich kraftvoll, das Textgedächtnis bewundernswert, auch wenn er ab und an mal Hilfe braucht.

Für den 105. Geburtstag hat er konkrete Wünsche geäußert. Zum Frühstück hätte er gern Bananen-Milchshake, mittags soll es Matjes geben. Zum Fest wollen auch die Töchter, drei Enkel und vier Urenkel anreisen.

Vom Leben erschöpft fühlt sich Heesters nicht. "Ich habe noch längst keine Lust zu gehen", sagte er der Frau im Spiegel. Er fühle sich "sehr gut", habe "Blutwerte wie ein junger Mann". Über das Ende denkt er nicht nach: "Selbst mit meiner Frau spreche ich nicht über Tod oder Beerdigung." Man solle sich die Gegenwart nicht mit solchen Themen kaputt mache: "Genießen wir lieber das Leben."