John Galliano: Schwarzes Schaf der Modebranche

Am Mittwoch steht der britische Designer John Galliano wegen antisemitischer Äußerungen vor dem Pariser Strafgericht.

Paris. Die Pariser Modeszene hatte im Frühjahr ihren Eklat: Der exzentrische Brite John Galliano, Stardesigner des französischen Modehauses Dior, pöbelte mit antisemitischen Parolen herum und verlor daraufhin seinen prestigeträchtigen Job bei dem Modehaus. Beim Finale der Frühjahrsschau kamen statt des 50-Jährigen all die Mitarbeiter über den Laufsteg, die an der neuen Kollektion mitgearbeitet hatten. Galliano machte da schon eine Entzugskur.

Heute muss er sich für seine Ausfälle vor einem Pariser Strafgericht verantworten. Ein Paar hatte den Briten, der knapp 15 Jahre lang die Mode für Dior entworfen hatte, judenfeindlicher Parolen bezichtigt. Galliano soll Ende Februar in angetrunkenem Zustand in seiner Stammbar im Pariser Szeneviertel Marais herumgepöbelt haben.

Nachdem der Vorfall bekannt wurde, meldete sich eine Frau zu Wort, die nach eigener Darstellung schon im Herbst in derselben Bar „La Perle“ von dem Designer beschimpft wurde und deshalb nach Bekanntwerden des zweiten Falls ebenfalls klagte.

Besonders heikel wurde für den Modemacher aber ein Video, das die britische Boulevard-Zeitung „The Sun“ Ende Februar auf ihrer Internetseite veröffentlichte. Es zeigt den sichtlich angetrunkenen Briten, wie er in seiner Bar bekennt: „Ich liebe Hitler“. Außerdem pöbelt er in dem Video, das im Dezember aufgenommen wurde, eine Kundin mit der Bemerkung an: „Leute wie Sie sollten tot sein.“

„Dieses Video, wo er nicht mehr er selbst ist, hat ihn schockiert“, berichtet Gallianos Anwalt Aurélien Hamelle. Sein Mandant, der zum Prozess selbst erscheinen will, kuriere nun seine Abhängigkeit von Alkohol und Medikamenten und plane ein berufliches Comeback. Der Stardesigner hatte sich für sein Verhalten entschuldigt. Gleichzeitig betonte er, er habe nichts Rassistisches gesagt. „Antisemitismus und Rassismus haben in unserer Gesellschaft keinen Platz“, erklärte der Modemacher. Er habe sein Leben lang „gegen Vorurteile, Intoleranz und Diskriminierung“ gekämpft, zumal er selbst davon betroffen gewesen sei.

In der Modewelt stieß das Verhalten des „Enfant terrible“ auf ein geteiltes Echo. Karl Lagerfeld erklärte, er sei „wütend“ auf seinen Kollegen, der ein schlechtes Licht auf die gesamte Branche werfe. Jean-Paul Gaultier nahm Galliano dagegen in Schutz: „Alles, was er geleistet hat, zeigt nicht jemanden, der ein Rassist ist, sondern genau das Gegenteil“, sagte Gaultier. Der Skandal sei „traurig, weil er ein enormes Talent ist“.

Bei Dior gibt es noch keinen Nachfolger für Galliano. Nach Angaben von Insidern habe man schon länger auf einen Anlass gewartet, um sich von dem 50-Jährigen zu trennen. Die Modemarke, die von Frankreichs First Lady Carla Bruni gerne bei offiziellen Anlässen getragen wird, dürfte durch den Skandal keinen großen Schaden nehmen. Dior-Chef Sidney Toledano reagierte schnell auf die Entgleisungen seines Modeschöpfers, die „im Namen der Opfer des Holocaust“ nicht hinnehmbar seien.

Als Nachfolger für John Galliano sind zwei Namen im Gespräch: der italienische Givenchy-Chefdesigner Riccardo Tisci und der französische Modeschöpfer Haider Ackermann, der seine eigene Marke entwirft.