Jürgen Todenhöfer: Vom Glück des Teilens

Jürgen Todenhöfer saß für die CDU im Bundestag und war Medienmanager. Jetzt spendet er den Großteil seines Vermögens.

Offenburg. „Selbstverbesserung ist die wirksamste Form der Weltverbesserung“, sagt Jürgen Todenhöfer. Der frühere CDU-Politiker und Manager ist gerade 70 geworden. Doch als Autobiografie will er seinen vierten Bestseller nicht verstanden wissen. „Ein Autobiograf macht sich größer, als er in Wirklichkeit ist“, sagt er. In 99 Kapiteln und zwischen 100 im Laufe seines Lebens ersonnenen Aphorismen erzählt der Autor zwar sehr persönlich aus seinem Leben. Doch im Blick hat er nicht sich selbst: „Teile dein Glück — und du veränderst die Welt“, lautet der Titel des Buchs.

„Ich will erreichen, dass sich in unserer Welt etwas ändert“, sagt Todenhöfer. „In den Köpfen der Menschen.“ Zuvor saß er 18 Jahre lang für die CDU im Bundestag, vertrat oft sehr konservative Meinungen; mehr als 20 Jahre war er im Management des medienkonzerns Burda, zuletzt als stellvertretender Vorstandsvorsitzender.

Todenhöfer engagiert sich für die weltweite Aussöhnung zwischen den Konfessionen. Er fordert Verhandlungen statt Krieg. Dass ihn seine Kritiker als realitätsfern bezeichnen, ficht ihn nicht an. Im Blick hat Todenhöfer vor allem die Kinder in den Kriegsgebieten. „Ich bin Lobbyist der notleidenden Kinder. Sie haben auf dieser Welt kaum Anwälte“, sagt der Vater von drei inzwischen erwachsenen Kindern.

„Westliche Verteidigungsminister machen keine Talkshows mit verletzten afghanischen oder irakischen Kindern. Sie schauen sich das Elend, das sie angerichtet haben, nicht an.“

Seit 1980 bereist Todenhöfer immer wieder Kriegs- und Krisengebiete, immer ohne militärischen Schutz. Um in für Journalisten gesperrte Gebiete im Irak zu kommen und dort mit Kindern zu sprechen, gab er sich schon mal als Mediziner aus. Todenhöfer will aufklären. „Wer sich von Panzern begleiten lässt, wird nie die volle Wahrheit erfahren“, sagte er über den sogenannten eingebetteten Journalismus, bei dem sich Journalisten nur im Schutz des Militärs bewegen. Das sei das Dilemma der Kriegsberichterstattung aus Afghanistan und dem Irak.

Die von Thilo Sarrazin („Deutschland schafft sich ab“) angefachte Integrationsdebatte hat Todenhöfer während einer fünfmonatigen Reise von Indien aus verfolgt. „Mich wundert, dass jemand ungestraft absurde genetisch-rassistische Thesen aufstellen, religiöse Minderheiten tief verletzen und Deutschlands hart erarbeiteten Ruf als weltoffenes Land beschädigen darf — und damit auch noch Millionen verdient.“

Er geht einen anderen Weg. Mehr als 60 Prozent seines Vermögens, so sagt er, hat er für soziale Zwecke gespendet: für alte und vereinsamte Menschen sowie für schwer verletzte Kinder. Auf Honorare verzichte er grundsätzlich. Mit den Einnahmen seines neuen Buches finanziert er ein Waisenhaus für 30 afghanische Kinder.

„Letztlich ist es eine Schande, reich ins Grab zu steigen“, sagt Todenhöfer. Finanzielles Vermögen bedeute die Verpflichtung zu teilen, sich gesellschaftlich und sozial zu engagieren. „Da gibt es in Deutschland enormen Nachholbedarf.“ Außerdem: „Was nützt es mir, wenn ich sieben Schnitzel auf dem Teller habe. Essen kann ich immer nur eins. Das muss in die Köpfe der Reichen und Mächtigen rein.“

Beim Schreiben will es Todenhöfer nicht bewenden lassen. Mit Oscar-Preisträger Nigel Noble hat er einen Dokumentarfilm gedreht. Vom Krieg traumatisierte afghanische und irakische Kinder erzählen darin amerikanischen Studenten, wie sie den Krieg erleben. „Es ist ein leiser, aber erschütternder Film“, sagt Todenhöfer. Nächstes Jahr, zum zehnten Jahrestag der Terroranschläge in den USA, soll der Film erstmals öffentlich gezeigt werden.