Justin Bieber: Der ewige Boyfriend
New York (dpa) - Er ist schon 18, auch wenn er noch nicht so aussieht. Und er ist erst 18, auch wenn seine Erfolge das kaum glauben lassen. Justin Bieber ist ein Wunder; ein Internet-, ein Musik- und ein Vermarktungswunder.
An diesem Freitag (15. Juni) kommt eine neue Platte des Kanadiers heraus - die schon einen Spitzenplatz erklommen hat, bevor sie überhaupt erschienen ist. Zumindest beim Versandhändler Amazon in den USA ist „Believe“ in ihrem Genre schon die meistverkaufte CD, obwohl man sie erst vorbestellen kann. Und selbst im gesamten Musikbereich, von Country bis Klassik, kommt sie auf Platz 38 - dabei hat sie noch niemand hören können. Erst ein paar Titel sind raus - und „Boyfriend“ ist beispielhaft für die ganze Platte und den Sänger.
Sie sollte „anders“ und „überraschend“ sein, hatte Bieber bei der Vorstellung der Single im März gesagt. Der Hip-Hop-Stil ist in der Tat nicht ganz Bieber und der Kanadier rappt sogar, doch schon beim Refrain scheint den Produzenten die Experimentierlust wieder vergangen zu sein. Und der Text - „Ich möchte alles sein, was Du willst“, „He Mädchen..., wenn ich Dein Freund wäre, würde ich Dich nie gehen lassen“ - ist dann doch wieder das alte Image - eben Boyfriend.
Ein Erfolg wurde der Song trotzdem - oder vermutlich gerade deshalb. Bei iTunes war er nach ein paar Stunden die Nummer 1 und in den Singlecharts der USA kam er in der Startwoche auf Platz 2. Vielleicht Biebers größter Erfolg: Mit „Boyfriend“ hat er es endlich auch mal in seinem Heimatland Kanada auf die 1 geschafft.
Dort hatte vor fünf Jahren alles angefangen, als der 13-Jährige mit einer anscheinend riesigen Gitarre auf YouTube ein paar Songs trällerte und neben Millionen Mädchen auch ein paar Musikmanager interessierte. Das Internetwunder wurde vermarktet und alles sah nach schnellem Verbrauch aus. Doch Bieber ist immer noch ganz oben. Einige Imagewandel wurden versucht, mit Lederjacke, Rap und neuer Frisur - die abgeschnittenen Haare des Pilzkopfes wurden ausgestellt und später versteigert. Doch ein Blick auf das Bild der neuen Platte genügt: Da ist immer noch viel von „Biebs“, dem 13-Jährigen.
„Ich werde erwachsen“, hatte Bieber noch bei einer ersten Hörprobe der Platte im April gesagt. „Ich wollte etwas machen, das ein bisschen reifer ist.“ So ganz hat das nicht geklappt. Ohne Frage, seine Musik ist anders geworden, nicht nur der Stimmbruch hat aus dem Jungen einen jungen Mann gemacht. Aber seine Fans sind doch eher Schülerinnen statt Studentinnen und ohne kreischende Teenies könnte ein Bieber-Konzert wohl im Saal einer Gaststätte stattfinden. Bieber ist sich dessen auch bewusst und sagt: „Ich will meine jungen Fans nicht verlieren.“
Aber ist es denn so schlimm, wenn einer kein böser Junge ist. Wenn er auf Alkohol und Zigaretten verzichtet und seiner Freundin, Disney-Star Selena Gomez (19), in der Öffentlichkeit höchstens mal an den Po fasst? Wenn einer statt des F-Worts lieber sagt: „Ich glaube an mich selbst, und ich glaube dass ich mit der Hilfe Gottes alles erreichen kann.“? Das ist vielleicht langweilig, Bieber-bieder, aber nicht schlimm und allemal besser als deutsche Möchtegern-Rapper, die auf „Gangsta“ machen. Da ist den meisten Eltern doch als Idol für ihre Zwölfjährige der Schwiegersohntyp Bieber lieber. Ein Boyfriend eben.