Tunneldurchstich für Hamburger Supermikroskop

Hamburg/Schenefeld (dpa) - Es soll ein Supermikroskop werden, von dem sich Wissenschaftler völlig neue Einblicke in den Nanokosmos erhoffen. Nun ist ein wichtiger Meilenstein dafür erreicht: Das Tunnelsystem für den weltweit einzigartigen Röntgenlaser European XFEL zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein ist fertig.

Den Durchstich für die 5,8 Kilometer lange unterirdische Anlage feierten am Donnerstag mehr als 400 Gäste auf der Baustelle in Schenefeld im Kreis Pinneberg. Der Freie-Elektronen-Röntgenlaser bekam die Abkürzung XFEL von dem englischen Ausdruck X-ray Free-Electron Laser.

Ende 2015 wollen Forscher dort die ersten extrem intensiven Röntgenlaserblitze erzeugen. „Später werden es dann bis zu 27 000 Blitze pro Sekunde sein, die zehn Trilliarden mal heller als die Sonne sind“, erklärten die European XFEL GmbH und das Deutsche Elektronen-Synchrotron Desy, der Hauptgesellschafter der Forschungseinrichtung. Mit der Anlage lassen sich den Angaben zufolge etwa atomare Details von Viren und Zellen erspähen, schnell ablaufende chemische Reaktionen filmen und Vorgänge wie die im Inneren von Sternen untersuchen.

„Wir erwarten große Erfolge für Biowissenschaften, Materialforschung und Nanotechnologie mit dem European XFEL, wenn er in Betrieb geht“, sagte Beatrix Vierkorn-Rudolph vom Bundesforschungsministerium laut Mitteilung. Nach früheren Desy-Angaben ermöglicht die Anlage neue Erkenntnisse in fast allen technisch-wissenschaftlichen Bereichen, die für die Alltagswelt von zentraler Bedeutung sind - darunter auch in Medizin und Pharmazie.

Die Forschungsanlage kostet mehr als eine Milliarde Euro - davon entfallen etwa 240 Millionen Euro auf Tunnel und unterirdische Gebäude. Die Einrichtung sei „eines der größten wissenschaftlichen Vorhaben auf deutschem Boden“, heißt es in der Mitteilung. Deutschland trägt mehr als die Hälfte der Kosten.

2016 startet nach bisheriger Planung der Nutzerbetrieb - Forschergruppen aus aller Welt können dann in einer Experimentierhalle in Schenefeld arbeiten. In der Anlage werden Elektronen zuerst in einem Tunnelabschnitt beschleunigt, bis sie mit annähernd Lichtgeschwindigkeit fliegen, und anschließend auf einen Slalomkurs geschickt. Dabei senden sie dann Röntgenlicht mit sehr kurzer Wellenlänge aus.

Der längste Tunnel ist der Beschleunigertunnel, danach gabelt sich das Tunnelsystem mehrfach. Für die unterirdische Hülle des Röntgenlasers haben sich zwei Tunnelbohrmaschinen - Tula (Tunnel für Laser) und Ameli (Am Ende Licht) - fast zwei Jahre lang durch den Boden gegraben.

„Der Tunnelbau gehört zu den schwierigsten Abschnitten des Baus“, sagte der Geschäftsführer der European XFEL GmbH, Prof. Massimo Altarelli. Der Chef des Desy-Direktoriums, Prof. Helmut Dosch, sprach von einem wichtigen Meilenstein für die Forschungsanlage: „Nach vielen Erd- und Betonarbeiten beginnt nun die Ausstattung mit technischer Infrastruktur und schließlich den Beschleunigerkomponenten.“