Schnellverfahren gegen Straftäter Justiz dreht jetzt den Turbo auf
Dieb wird drei Tage nach der Tat verurteilt. Mit Schnellverfahren gegen Straftäter in Düsseldorf sollen Justiz und Polizei entlastet werden.
Düsseldorf. Am Montagabend gegen 18.56 Uhr hatte Levan O. bei einem Technik-Markt in Düsseldorf-Bilk lange Finger gemacht. Er war vom Laden-Detektiv mit einem gestohlenen Handy für 99 Euro erwischt worden. Gestern Mittag saß der 24-Jährige bereits auf der Anklagebank des Düsseldorfer Amtsgerichts. Nach zwölf Minuten Verhandlung wurde Levan O. zu 300 Euro Geldstrafe verurteilt, dreieinhalb Tage nach der Tat. Denn seit März hat die Justiz in der Landeshauptstadt den Turbo angeworfen. In sogenannten beschleunigten Verfahren werden Klein-Kriminelle innerhalb einer Woche verurteilt.
Das steht im krassen Gegensatz zu den Strafverfahren, die sich teilweise über Jahre hinziehen, auch wenn es zum Teil nur um Klein-Kriminalität geht. Sehr zum Ärger von Polizei und Justiz, die unter der Bürokratie ächzen. Für Düsseldorfs neuen Polizeipräsidenten Norbert Wesseler war es eine „Herzensangelegenheit“, Strafverfahren zu beschleunigen.
Zusammen mit Amtsgericht und Staatsanwaltschaft wurde ein Konzept entwickelt. Die rechtlichen Voraussetzungen für beschleunigte Verfahren gibt es schon. Danach müssen Straftäter, die festgenommen und anschließend inhaftiert werden, innerhalb von einer Woche verurteilt werden.
„Voraussetzung ist auch, dass die Angeklagten keine höhere Strafe als ein Jahr zu erwarten haben. Sind es mehr als sechs Monate, muss ein Pflichtverteidiger zugeordnet werden“, so Mihael Pohar, Sprecher des Düsseldorfer Amtsgerichtes. Außerdem müssen mögliche Zeugen vor Gericht „freiwillig“ erscheinen und auf Ladungsfristen verzichten.
Seit dem 1. März führen zwei Amtsrichterinnen in Düsseldorf die „Turbo-Verfahren“ durch. Der Fall von Levan O. war gestern einer der ersten, die auf diese Weise abgeschlossen wurden. Voraussetzung ist, dass der Tatvorwurf unstrittig ist. Der 24-Jährige war bei dem Diebstahl gefilmt und dazu noch auf frischer Tat erwischt worden. Außerdem legte er ein Geständnis ab.
Das Verfahren hat noch einen anderen Effekt. Denn die Täter machen meist ihre ersten Erfahrungen hinter Gittern. „Die Untersuchungshaft hat meinen Mandanten sehr beeindruckt,“ erklärte der Rechtsanwalt des Angeklagten und kündigte an, dass Levan O. in Zukunft ein straffreies Leben führen werde.
Die „Turbo-Verfahren“ werden auch von den Polizisten begrüßt. „Die Beamten spüren, dass etwas passiert, wenn sie jemand festgenommen haben“, erklärte Polizei sprecher Andreas Czogalla. So sei es oft frustrierend für Polizisten, wenn sie morgens jemanden bei einer Straftat erwischen, der ihnen schon wenige Stunden später wieder auf der Straße über den Weg läuft.
Gedacht sind die beschleunigten Verfahren unter anderem für „reisende Täter“, die seit Jahren vor allem aus Osteuropa einreisen. Die können durch die Untersuchungshaft sofort aus dem Verkehr gezogen werden und haben keine Chance, sich vor der Gerichtsverhandlung abzusetzen. Es ist auch angedacht, die „Turbo-Prozesse“ bei Fußball-Hooligans anzuwenden.
Bis zum Sommer sollen zunächst Erfahrungen gesammelt werden. Dann wollen Polizei, Staatsanwaltschaft und Amtsgericht in Düsseldorf gemeinsam eine erste Bilanz des Versuchs ziehen.