Kachelmann-Prozess: Keine Durchsuchung bei Redaktionen

Mannheim (dpa) - Im Prozess gegen Jörg Kachelmann hat das Gericht den Antrag auf Durchsuchung der Redaktionen von „Bunte“ und „Focus“ abgelehnt. Es gebe keine Anhaltspunkte für eine Beeinflussung von Zeugenaussagen durch die Zeitschriften, so der Vorsitzende Richter Michael Seidling zur Begründung.

Der Verteidiger des Moderators, Johann Schwenn, kündigte heute daraufhin an, möglicherweise einen weiteren Befangenheitsantrag zu stellen. Hierzu setzte ihm das Gericht eine Frist bis Mittwoch, 24 Uhr. Der Konzernsprecher des Burda-Verlages, Nikolaus von der Decken, teilte schriftlich mit: „Wir haben nicht mit einer Durchsuchung gerechnet, weil es absurd wäre, annehmen zu wollen, "Bunte" und "Focus" hätten das Verfahren in irgendeiner Weise beeinflussen wollen. Es gehört zu den selbstverständlichen Grundsätzen der Presseethik, dass nur berichtet und beobachtet, aber nicht beeinflusst wird.“

Kachelmanns Verteidigung hatte den Zeitschriften vorgeworfen, sie wollten die Aussagen von ehemaligen Geliebten des Moderators „zum Nachteil des Angeklagten beeinflussen“. Hierbei bezog er sich auf Zeuginnen, die zum Teil noch vor ihrer Aussage vor Gericht Interviews gegeben hatten. Dies, so der Vorsitzende Richter, „mag den Respekt vor ihrer Rolle im Verfahren und damit dem Gericht vermissen lassen und insofern kritikwürdig erscheinen“. Es rechtfertige jedoch keine Durchsuchung. „Bunte“ und „Focus“ hatten die Vorwürfe stets zurückgewiesen.

Soweit die Verteidigung die Staatsanwaltschaft verdächtige, Informationen weitergegeben zu haben, „geht dies nicht über eine Vermutung hinaus“, sagte Seidling. Da keine begründeten Verdachtsmomente gegen die Zeitschriften bestünden, müsse nicht entschieden werden, ob eine Durchsuchung angesichts der Pressefreiheit zulässig wäre. Verteidiger Schwenn kritisierte den Beschluss des Gerichts als „rechtsfehlerhaft“.

Am letzten Verhandlungstag vor der Winterpause wurde überdies eine Polizistin vernommen. Sie hatte das mutmaßliche Opfer befragt. Das Gericht wollte damit unter anderem prüfen, inwieweit die damaligen Angaben mit der Aussage der 37-Jährigen vor Gericht übereinstimmen. Für die Vernehmung der Polizistin wurde größtenteils die Öffentlichkeit ausgeschlossen, da es um Vorgänge aus dem Intimbereich ging. Kachelmanns ehemalige Geliebte beschuldigt ihn, er habe sie mit einem Messer bedroht und vergewaltigt. Der 52-Jährige bestreitet das.

Im öffentlichen Teil der Vernehmung kritisierte Verteidiger Schwenn das Verhalten der Polizei bei der Verhaftung Kachelmanns am 20. März. Insbesondere störte sich der Verteidiger daran, dass die Tochter des zuständigen Sachbearbeiters bei der Kriminalpolizei - die selbst Polizistin in Ausbildung ist - bei der Festnahme am Frankfurter Flughafen dabei war. Es bestehe der Verdacht, dass sie bei einer „Promi-Verhaftung“ mitdurfte, so Schwenn. Die als Zeugin vernommene Kommissarin bestritt dies.