Kalifornien: Gewaltige Schäden durch Erdbeben
In Kalifornien werden die Bewohner in der Nacht aufgeschreckt. Bereits nach 20 Sekunden ist der Schaden enorm.
Napa Valley/Kalifornien. Die meisten Menschen liegen im Bett und schlafen, als sich um 3.20 Uhr (Ortszeit) plötzlich die Erde hebt. Wohnhäuser, Geschäfte, Autos — alles wird kräftig durchgeschüttelt, als ein Erdbeben der Stärke 6,0 im Norden San Franciscos den Boden zittern lässt. Historische Gebäude bröckeln, Mauerstücke fallen auf den Gehweg, wie Bilder von TV-Sendern zeigen. Nach 10 oder 20 Sekunden ist der Spuk schon wieder vorbei, doch in dieser kurzen Zeit entstehen schätzungsweise Schäden von mehr als einer Milliarde Dollar (etwa 760 Millionen Euro).
Besonders hart trifft es am frühen Sonntagmorgen die Winzer, deren Anbaugebiet im Napa Valley es unter Kennern längst an die Spitze der Weinkultur geschafft hat. Regale voller Weinflaschen werden bei dem Beben leergeräumt, ein Bild auf Twitter zeigt einen Mann, der vor einem Berg umgekippter und teils ausgelaufener Weinfässer steht.
Mit einem jährlichen Umsatz von rund 13 Milliarden Dollar (9,8 Mrd Euro) gehört die Weinindustrie zu einem treibenden Motor der Wirtschaft in Kalifornien, von dem Tausende Jobs abhängen, schreibt das „Wall Street Journal“.
Glücklicherweise bleibt es beim schwersten Beben in der Region seit 25 Jahren vor allem bei finanziellem Schaden. 170 Menschen müssen zwar im Krankenhaus behandelt werden, doch laut „Los Angeles Times“ stirbt niemand und nur eine Handvoll Menschen werden schwer verletzt. Darunter soll auch ein Junge sein, der von einem einstürzenden Kamin getroffen wird. Mehr als 110 Gebäude dürfen nicht mehr betreten werden.
Bewohner sprechen von „The Big One“, vom verheerenden Beben, das seit Jahren erwartet wird, aber diesmal ausblieb. Die Angst davor ist nach diesem Wochenende nicht verschwunden.
„Ich fühlte mich fast, als sei ich auf einem Floß im Ozean“, sagt eine Augenzeugin bei CNN am Tag nach der Katastrophe. „Ich war unter Schock, als ich die Häuser und Büros von Menschen schief am Boden sah“, sagt eine andere. Das Erdbeben habe ihr Leben verändert. Die Bewohner des „Golden State“ wissen allzu gut, dass ihr Zuhause genau auf der Naht der ozeanischen und kontinentalen Platten liegt.
Immer wieder wackelt dort die Erde und richtet teils gewaltigen Schaden an — besonders schlimm war es 1989, als ein Beben der Stärke 6,9 Schäden in Höhe von sechs Milliarden Dollar anrichtete und 63 Menschen tötete. „Du erwartest es, wenn Du in Kalifornien lebst. Nur nicht an irgendeinem Sonntag im August“, erzählt Kim Northrop der „Los Angeles Times“, deren Geschäft in Napa beschädigt wurde.
Und nicht nur in den USA wackelte die Erde: Auch in Chile und Peru kommt es zu Beben, die ebenfalls an der Westküste des amerikanischen Doppelkontinents liegen. Einen direkten Zusammenhang gibt es Experten zufolge jedoch nicht (siehe Kasten). Von Napa bis nach Peru sind es mehr als 7000 Kilometer Luftlinie.
Schritt für Schritt versuchen die Menschen im Napa Valley, zur Normalität zurückzu kehren. Schon am Montag ist fast überall der Strom wieder da, nachdem zeitweise etwa 70 000 Menschen im Dunkeln saßen. Doch die Gefahr ist noch nicht gebannt: Der staatliche Geologe John Parrish warnt vor 50 oder 60 Nachbeben. Sie könnten noch Wochen weitergehen und bereits beschädigte Gebäude zum Einsturz bringen.