Karneval 2013 in Rio: Sambódromo auf Deutsch

Rio de Janeiro (dpa) - Der Karnevals-Champion von Rio hat sich für 2013 Deutschland als Thema gewählt. „Só Alegria“, „Nur Freude“, verspricht die Sambaschule Unidos da Tijuca. Der Euro-Krisen-gedämpften Stimmung zum Trotz - es soll ein brasilianisches Farbenfest in Schwarz-Rot-Gold werden.

Wenn Anfang Februar 2013 die zwölf besten Sambaschulen von Rio de Janeiro über den rund 700 Meter langen Glamour-Boulevard des legendären Sambódromos defilieren, wird Deutschland mit dabei sein - ganz vorne in erster Reihe. „Wir werden die Kulturgeschichte Deutschlands von Anfang an bis heute erzählen. Wir wollen bezaubern mit dem kulturellen Reichtum Deutschlands mit Fabeln, mit Mythologien und mit Musik“, sagt Bruno Ténorio, Chef der Kommunikationsabteilung der Sambaschule Unidos da Tijuca, die 2012 die Karnevalskrone eroberte. Aufmerksamkeit ist garantiert: Rios Karneval wird in über 160 Länder vom Fernsehen übertragen.

Die Sambaschule will gleich zwei Klischees geraderücken. Deutschland steht nicht nur für Sauerkraut, Eisbein, Bier und schnelle Autos, und der Karneval im Sambódromo von Rio schon lange nicht mehr nur für nackte Haut oder auch laszives Gebaren. Die monatelang geprobten Auftritte der Sambaschulen sind ein ausgefeiltes Spektakel mit hollywoodreifer Choreographie. Wie schon 2012, als Unidos das Werk und Leben des brasilianischen Sängers und Komponisten Luiz Gonzaga (1912-1989) aus dem Bundesstaat Pernambuco erzählte, soll es auch diesmal eine Samba-Operette unter freiem Himmel werden mit hohem künstlerischen Anspruch - kein Ramba-Zamba, dafür „Cirque de Soleil“.

„Wir wollen überraschen und auch das zeigen, was die Menschen hier in Brasilien, die eine große Sympathie für Deutschland haben, noch nicht kennen“, sagt Tenório nach einer Präsentation des Konzepts von dem bekannten Choreographen Paulo Barros der dpa. Die Geschichte soll ganz am Anfang beginnen. „Es erging ein Blitz, es kam ein Gewitter. Der Gott Thor bittet um Eintritt, um die Reise ins bezaubernde Deutschland zu zeigen“, so lautet die Ankündigung, mit der Unidos da Tijuca im Februar im Sambódromo Einzug halten will.

Inspiriert von Rios Karnevals-Dramaturgie und der brasilianischen Sichtweise sollen auch Elfen, Zwerge und Riesen, nordische Götter und Drachen durchs Sambódromo ziehen. Die Märchen der Gebrüder Grimm werden aber genauso thematisiert, wie Goethes Faust, Beethovens Sinfonien, Brechts kritisches Theater und der Film „Der blaue Engel“ (1930) mit Marlene Dietrich in ihrer ersten Hauptrollen.

Das Team der Sambaschule war im April eine Woche auf Deutschland- Tour, und machte auch in der Karnevalshochburg Köln Station, die mit Rio eine Städtepartnerschaft pflegt. In Rio engagierten sich vor allem das Generalkonsulat und das Goethe-Institut für das Projekt, das Ende Juni endgültig beschlossen wurde. Zwölf Millionen Reais (etwa 4,7 Millionen Euro) kostet das Vorhaben, das komplett von Sponsoren getragen werden soll. Sechs Millionen Reais hat der Verein zusammen, die andere Hälfte muss noch finanziert werden.

Doch nicht alle der zahlreich in Brasilien vertretenen deutschen Top-Konzerne sind Feuer und Flamme für das Projekt. Einige scheuen sich, ihren Namen mit Karneval, Spaß und Lebensfreude in Verbindung zu bringen. „Compliance ist das Stichwort“, begründet ein Manager in Rio das Zögern und meint damit das strikte Regelwerk der Unternehmen, ethische Standards und höchstmögliche Transparenz bei Investitionen einzuhalten. Und Steuergelder aus Deutschland sind ebenfalls nicht zu erwarten, denn das Vorhaben ist ein Sonderprojekt des im Mai beginnenden Deutschlandjahres in Brasilien 2013/2014 und kann deshalb nicht mit Mitteln rechnen.

„Was wir bräuchten, wäre etwas mehr Hilfe aus Deutschland“, winkt Tenório mit dem Zaunpfahl auch in Richtung Berlin. Der Bundesstaat Pernambuco habe für seine Präsentation 2012 und die damit verbundene Standort-Werbung rund 2,5 Millionen Reais (rund eine Million Euro) investiert. Euro-Schuldenkrise und knappe Kassen finden in Tenórios Begeisterung für das Projekt keinen Platz: „Gerade jetzt geht es auch um neue Märkte, und eine bessere Image-Plattform für Geschäfte in Brasilien als der Karneval in Rio kann Deutschland doch kaum finden.“