Karneval in Rio: ’ne kölsche Jung am Zuckerhut
„Wenn et Trömmelche jeht“ zieht Chris Quade Couto als einziger Deutscher bei einer Sambaschule in Rio mit.
Rio de Janeiro. In diesem Jahr fiel Chris Quade Couto die Wahl zwischen den Karnevalshochburgen Köln und Rio de Janeiro schwer. Die Domstadt bietet unter dem Motto „Fastelovend em Blot — he un am Zuckerhot“ (Karneval im Blut — hier und am Zuckerhut) brasilianische Motive und Stimmung. In Rio zieht dagegen die Sambaschule Unidos da Tijuca mit dem Thema Deutschland durchs Sambódromo.
Der Musiker entschied sich mit einem lachenden und einem weinenden Auge für die Stadt am Zuckerhut. Er defiliert seit Jahren mit Unidos über den bekanntesten Karnevalsboulevard der Welt. Das bedeutet bei allem Spaß an der Freude auch harte Arbeit.
Er ist der einzige Deutsche in der „Bateria“, wie die bis zu 300 Mann starke Trommeltruppe der Sambaschule heißt. Die Bateria ist das Herz der Schule. Sie trommelt punkt- und taktgenau unter Leitung mehrerer „Instrumenten-Dirigenten“ das eigens komponierte Samba-Lied der Schule.
Chris ist Percussionist, einer von 35 Tamborim-Spielern. Seine Trommel schmückt das Kölner Wappen. Sie wird beim Einsatz mit einer „Peitsche“ geschlagen, einem dreifingrigen Hartplastikstock, und macht für eine so kleine Trommel einen Riesenkrach.
„Ich habe eigentlich immer gedacht, man muss nicht in Rio gewesen sein, um Samba spielen zu können“, erinnert sich der 31-Jährige, der in der Domstadt am Rhein mit seiner brasilianischen Frau Shari (30) im Belgischen Viertel wohnt. Dann kam er 2003 aber doch und die Stadt am Zuckerhut ließ ihn nicht mehr los.
Zuerst durfte er nur bei den Proben mitspielen. „Stell’ dich mal da an den Rand. Lass’ mal hören“, sagte der Chef der Bateria damals zu ihm. Schnell erkannten die „Diretores“, dass „o Alemão“ den Samba versteht und die Trommel zu schlagen weiß.
Aber erst 2007 kam die Premiere. Chris bekam ein Kostüm und durfte in der Bateria trommeln und im Wettstreit mit Rios elf anderen Top-Sambaschulen für Unidos durchs Sambódromo defilieren. „Die Atmosphäre ist unglaublich. 80 000 Menschen feiern den Samba und den Karneval“, beschreibt er das für jede Schule nur 80 Minuten dauernde Defilee-Spektakel im Sambódromo.
Mit dem Herzen und in Gedanken ist Chris aber 2013 auch in Köln, wo viele seiner Schüler beim Rosenmontagszug den Samba-Takt schlagen. Der Kölner spielt seit seinem 15. Lebensjahr Samba. Heute arbeitet er als Musiker und Dozent für brasilianische Percussion, organisiert Kulturevents und ist im Vorstand des Städtepartnerschaftsvereins Köln-Rio.
Selbst am Rand der Avenida Venezuela in Rios Zentrum stimmt der „kölsche Jung“ so nebenbei mal bundesweit bekannte rheinische Karnevalsklassiker wie „Mer losse d’r Dom en Kölle“ und „Wenn et Trömmelche jeht“ an. Dazu schlägt er das Tamborim im schnellen 2/4-Takt. „Das beißt sich nicht“, lacht er.
Doch etwas gibt es, was er und Shari beim bunten „Carnaval“ in Rio dann doch vermissen. „Es werden hier keine Kamellen beim Zug geworfen. Das ist schon schade.“ Und so liebäugelt Chris „o Alemão“ mit einem jecken Zukunftsprojekt. „Irgendwann werden wir mal einen kleinen „Bloco“ (Viertelszug in Rio) auf kölsche Art organisieren. Und dann gibt’s auch Kamellen für die Kinder.“