Kassen: Krankenhäuser rechnen fehlerhaft ab
Gesundheit: Jede dritte Abrechnung ist laut einer Studie falsch. Es geht um einen Schaden von bis zu 1,5 Milliarden Euro.
Düsseldorf. Abgerechnet wird zum Schluss. Das gilt auch für die Gesundheitsbranche. Bloß, dass dabei nicht immer alles mit rechten Dingen zugeht. 18Millionen Euro hat die Krankenkasse DAK im vergangenen Jahr von den Kliniken in Nordrhein-Westfalen zurück gefordert, weil Abrechnungen fehlerhaft gewesen waren.
100 Millionen waren es nach eigenen Angaben in ganz Deutschland. Auch bei der AOK laufen allein im Rheinland und Hamburg in jedem Jahr 40Millionen an Rückforderungen auf. Bei der Techniker Krankenkasse (TK) sorgen die Routine-Kontrollen für Nachforderungen im zweistelligen Millionenbereich.
"Wir gehen davon aus, dass jede zehnte Rechnung fehlerhaft ist", sagt TK-Sprecher Christian Elspas. Der Bundesrechnungshof kommt nach einer Studie zu dem Ergebnis, dass sogar jede dritte Abrechnung falsch ist. Ein entsprechender Bericht sei bereits ans Gesundheitsministerium und die Krankenkassen gegangen. Von deren Spitzenverband GKV heißt es nach einer Untersuchung, die fehlerhaften Rechnungen könnten in jedem Jahr einen Schaden von 1,5 Milliarden Euro verursachen.
Immerhin geht man bei keiner Kasse davon aus, dass im großen Stil betrogen wird. "Die Fehler liegen meist am hochkomplexen Abrechnungssystem", sagt Rainer Lange von der DAK. Dennoch: "Wir haben die Pflicht zu kontrollieren, es ist das Geld unserer Versicherten." Das übernimmt zunächst Kollege Computer. Eine Software überprüft jede Rechnung auf Plausibilität. Was dem System auffällt, wird gemeldet. Prostata-OPs bei Frauen oder Geburten bei Männern haben keine Chance auf Erstattung.
Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen prüfen auffällige Rechnungen und setzen sich mit den Kliniken in Verbindung. Diese klären Differenzen oder liefern fehlende Daten nach. "Für jeden Datensatz müssen wir dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale von 300Euro zahlen", erklärt Lange.
Geld, das die Kassen nur wiedersehen, wenn die Rechnung tatsächlich falsch war. Ein Aufwand, der dennoch lohnt. "Beispielsweise bei zuviel berechneten Beatmungsstunden gehen unsere Forderungen leicht in die Zehntausende", erklärt Lange.
Bei den Krankenhäusern kommen die Vorwürfe der Kassen naturgemäß nicht gut an. "Von der Sache her nicht angemessen", sagt Lothar Kratz von der Krankenhaus Gesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNM). "Wir verwehren uns gegen diesen Generalverdacht und einen impliziten Betrugsvorwurf."
Er fordert nicht weniger Kontrollen, wie Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler, der von "Kontrollitis im System" sprach, sondern weniger Bürokratie und ein transparenteres Abrechnungssystem. Immerhin dabei sind sich Kassen und Kliniken einig. "Kontrolle lohnt sich", findet TK-Sprecher Elspas. Und AOK-Chef Wilfried Jacobs sagt: "Es wird keinesfalls zu viel geprüft."